Freitag, 30. Dezember 2011

Traue keiner Statistik...

..., die Du nicht selbst gefälscht interpretiert hast. Ich habe mir mal wieder den Ungefallen getan und mich mit den Aussagen von Herrn Dr. Stephan Eisel beschäftigt. Dabei ist mir aufgefallen, dass Dr. Eisel des öfteren aus einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zitiert.

Die Frage in der Umfrage war offenbar - den Fragebogen konnte ich mir nicht ansehen - ob man an X bereits teilgenommen habe, ob eine Teilnahme in Frage komme oder ob eine Teilnahme nicht in Frage komme. Erste beiden Antworten würden als positive Antwort auf die Frage zusammengefasst. Zusätzlich gab es wohl drei Ja/Nein-Fragen: "Wünschen Sie sich mehr Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger?", "Wären Sie bereit, sich über Wahlen hinaus an politischen Prozessen zu beteiligen?" und "Glauben Sie, dass die Politiker grundsätzlich mehr Mitbestimmung durch die Bürger wollen?"

Mein persönlicher Eindruck ist der, dass Herr Dr. Eisel aus den Zahlen der Umfrage eben solche Werte 'herauspickt', die er für seine persönlichen Überzeugungen gerade gut gebrauchen kann und andere nicht erwähnt. So wird der ausgesprochene Wunsch nach mehr Beteiligungsmöglichkeiten (81%) von ihm nicht prominent platziert, das Ergebnis auf die Frage nach Beteiligung an Wahlen (94%) jedoch prominent in mehreren Blogbeiträgen auf Twitter und auch in zahlreichen Kommentaren wieder und wieder als scheinbare Bestätigung des aktuellen politischen Systems der repräsentativen Demokratie genannt. Eine solch einseitige Betrachtung der Zahlen kann natürlich auch in die andere Richtung erfolgen, das möchte ich hier versuchen. Mit Ankündigung, das ist mir wichtig, und als advocatus diaboli, auch das ist mir wichtig, werde ich jetzt also auswählend und interpretierend die nackten Zahlen der Statistik zur Untermauerung meiner These nutzen, dass die repräsentative Demokratie ausgedient hat:

Die Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zeigt deutlich, dass die repräsentative Demokratie zumindest in der in Deutschland vertretenen Form einer auf Parteien basierten parlamentarischen Demokratie ausgedient hat und die Bevölkerung nicht mehr angemessen vertritt. Obwohl sich 81% der Bürger Beteiligungsmöglichkeiten wünschen die über die reine Teilnahme an Wahlen hinausgeht, ist nur ein kleiner Teil, nämlich 30% bzw. 33%, davon bereit, durch Mitgliedschaft oder Mitarbeit ohne Mitgliedschaft an der Parteiarbeit mitzuwirken. Auch ein auf kommunaler Ebene übliches Mittel der Beteiligung, der sachkundige Bürger, kommt auf eine sehr geringe Zustimmung, nur 27%. Alternative Möglichkeiten, besser an den politischen Entscheidungen beteiligt zu werden, zeigen eine hohe Beliebtheit: 78% der Bürger können sich vorstellen, an Volksentscheiden oder Bürgerbegehren teilzunehmen, die es in unserer Bundespolitik so nicht gibt. Mit 51% immerhin gut die Hälfte aller Bürger können sich gut vorstellen, zu bestimmten Themen auch direkt über Internetabstimmungen an der Entscheidung beteiligt zu werden. Vorhandene Vorbehalte über die technische Sicherheit und die Zugänglichkeit solcher Beteiligungsmöglichkeiten mögen den Wert noch moderat halten.

Fazit: Möglicherweise werden in der öffentlichen Diskussion traditionelle Formen der Meinungsbildung und Bürgerbeteiligung durch Parteien überschätzt. Offensichtlich sind diese Formen der Beteiligungsmöglichkeit nur für eine qualifizierte Minderheit begehrt.

Samstag, 17. Dezember 2011

Das Menschenbild und das BGE

An dieser Stelle legt Logos seine Ansichten über das BGE und das ihm zu Grunde liegende Menschenbild dar. Ich möchte mich hier an einer Erwiderung versuchen.

Logos schreibt lang und zahlreich darüber, dass 'der Mensch' nicht so gut sei, wie viele BGE-Befürworter es anscheinend vermuten. Er nennt "Heerscharen von Lügnern, Erpressern, Betrügern, Entführern, Missbrauchern, Vergewaltigern, Berufskriminellen, Mördern und Psychopathen" als Hinweis auf eine Realität.


Weiterhin erörtert er, dass sich nicht jeder sich allein auf Grund einer Nützlichkeit für die Gesellschaft motivieren kann und viele Personen auch destruktiv tätig sind. Er behauptet weiterhin, der Anteil derjenigen, die  "nicht die Spur Bock auf Arbeit haben", sei nicht vernachlässigbar.


Später kommt er darauf zu sprechen, dass die unterstellten vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten negative Effekte auf den Arbeitsmarkt hätte, vergleichbar mit 1€-Jobs. Zuletzt analysiert er in einem Absatz die Gründe für das Scheitern des Kommunismus in der DDR und dem Ostblock, wobei er einen Zusammenhang zum BGE schuldig bleibt - von einem unterstellt ähnlichen Menschenbild des Kommunismus und 'des BGE' einmal abgesehen.


Ich möchte zunächst auf den letzten Absatz eingehen: Meiner Meinung nach ist das BGE so ziemlich das Gegenteil des Kommunismus und eine zutiefst kapitalistische Idee. Denn das BGE macht mitnichten alles gleich, es betont im Gegenteil die Unterschiede und ermöglicht erst wieder eine gerechte, kapitalistische Bewertung von Arbeit und Leistung. Das BGE und der Kommunismus setzen auch, meiner Meinung nach, diametral verschiedene Menschenbilder voraus. Während der Kommunismus von eben jener intrinsischen Motivation 'des Menschen', Gutes für die Gesellschaft zu schaffen, ausgeht, die Logos teilweise beschreibt und von der er darlegt, dass sie nicht zutreffe, geht das BGE zwar von einer gewissen sozialen Motivation 'des Menschen' aus, aber auch und gerade vom Streben nach Besitz, von der Gier nach Luxus und von einem (gerechten) Lohn einer geleisteten Arbeit.


Das BGE zielt auch nicht darauf ab, bezahlte Arbeit durch unbezahlte zu ersetzen, sondern es will, so sehe ich das, den Lohn für die Arbeit auch davon abhängig machen, wie ungerne der Arbeitende die Arbeit verrichtet. Das mag dazu führen das einzelne Tätigkeiten tatsächlich nur noch unbezahlt verrichtet werden, aber eben auch nur, wenn sich genügend Leute finden, für die die Tätigkeit allein Lohn genug ist und die dafür sogar auf den Luxus verzichten, der mit bezahlter Arbeit einhergeht. Ich gehe hier einfach mal davon aus, dass die Anzahl solcher 'Gutmenschen' und solcher 'Traumjobs' sehr gering ist und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt vernachlässigbar.


Die Annahme, dass der Anteil derjenigen, die keinerlei Arbeit mehr verrichten wollen, wenn für ihr Auskommen bedingungslos gesorgt ist, nicht vernachlässigbar ist, halte ich für übereilt. Wir haben aktuell offizielle Arbeitslosenzahlen von 6,4%. 2007, neuer Statistiken habe ich nicht gefunden, hatten wir eine Unterbeschäftigtenquote von 11,8%, d.h. 11,8% der Erwerbstätigen waren nicht voll beschäftigt obwohl sie gerne mehr arbeiten möchten. In der Arbeitslosenstatistik fehlen bekanntermaßen auch einige Gruppen, die ebenfalls nicht erwerbstätig sind, beispielsweise diejenigen, die sich in Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen befinden, erwähnte 1€-Jobber oder ältere Erwerbslose ab 58 Jahren. Für mich ergibt sich das Bild, das schon jetzt ein eklatanter Anteil der Arbeitskraft in Deutschland nicht von Industrie und Wirtschaft genutzt wird, was offensichtlich an der mangelnden Nachfrage der Industrie und Wirtschaft nach Arbeitskraft liegt und nicht an der unterstellt hohen Zahl der "Sozialschmarotzer".


Ich teile Logos Ansicht, dass nicht alle Menschen in Deutschland mit Einführung des BGE eine unbezahlte soziale Arbeit annehmen werden. Ich glaube sogar, dass ein großer Teil der Menschen selbstsüchtig und profitorientiert nur gegen entsprechend großzügige Entlohnung arbeiten werden - so interpretiere ich einfach mal sehr frei seine Verwendung des Wortes "destruktiv". Der Schluß ist für mich jedoch der umgekehrte: Das BGE ermöglicht es doch gerade erst, dass der - unterstellt kleine - Anteil der 'Gutmenschen' kostenlose Sozialarbeit erbringt und trotzdem Teil haben kann. Auch der Anteil der 'Sozialschmarotzer', der keinerlei nützliche Gegenleistung erbringt, darf Teil haben. Und diejenigen - ich unterstelle genau hier die große Mehrheit - der Menschen, die zwar bedingt bereit sind, sich sozial einzubringen, die aber gerne Luxus anhäufen und mehr haben wollen als bloß minimalen Anteil, diejenigen können und werden entgeltlich arbeiten.

Skandale und Skandälchen

Im Moment zieht #esogate durch die Presse: Die Fraktion der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus hat als Fraktionsgeschäftsführerin eine Dame angestellt, die von der Wirkungskraft der Esoterik überzeugt ist und auch dementsprechende Seminare an Jugendliche anbietet.

Unter anderem glaubt und verbreitet sie, unter anderem auch in einem Buch, dass Leute nach einem Flugzeugabsturz nur verhungern, weil sie glauben, dass sie verhungern müssten, oder dass ernsthafte Krankheiten wie Krebs durch reine Geisteskraft heilbar seien, weil sie nur Ausdruck eines seelischen Ungleichgewichts oder so etwas seien. Ich kenne diese Aussagen nur vom Hörensagen, es ist mir auch egal, was die Frau glaubt.

Wenn man ein wenig recherchiert, wird man in der CSU oder CDU sicher Angestellte - gewählte Politiker - finden, die glauben, dass man keine Kondome benutzen sollte. Dass der Papst unfehlbar sei. Und ähnlichen Schund, den man von erzkonservativen Katholiken, jetzt nur mal als Beispiel, halt nun mal erwarten muss.

Wenn jemand derartige Auffassungen politisch aktiv vertritt, wird er für mich automatisch unwählbar. Muss man nun aber seine Angestellten auf diese Überzeugungen hin überprüfen, als politische Partei oder Fraktion? Und ab welchem Überzeugungsgrad ist eine Person nicht mehr als Angestellte der Fraktion tragbar?

In der Diskussion auf Twitter sind mir einige Argumente begegnet:

  1. die Tatsache, dass die Dame damit Geld verdient hat.
  2. die Tatsache, dass die Dame Kinder und Jugendliche anvisierte.
  3. die Tatsache, dass sie geschmacklose Beispiele in ihrem Buch veröffentlicht hat.
  4. die Tatsache, dass ihre Ansichten auf die Gesundheitspolitik Einfluss nehmen könnte.

Ich erwidere darauf:

  1. Wollen wir die Nebentätigkeiten unsere Angestellten in Zukunft nach Moral durchleuchten?
  2. Das tun auch Erzieher in kirchlichen KiTas. Und ja, das ist vergleichbar, denn einige Lehren beispielsweise der katholischen Kirche, sind gefährlich. Müssen wir in Zukunft darauf achten, dass unsere Angestellten keinerlei Beruf hatten, der eine Überzeugung vermittelte?
  3. Wollen wir in Zukunft die Veröffentlichung unserer Angestellten auf Konformität mit unseren Überzeugungen untersuchen?
  4. Das ist der einzige für mich valide Punkt, an dem eine Kritik ansetzen könnte, wäre die Dame denn politisch in der Gesundheitspolitik tätig und nicht als Fraktionsgeschäftsführerin. Eine ihrer ehemaligen Arbeitsstätten war wohl der Posten als Gesundheitsreferentin bei der FDP. Warum haben wir dann jetzt den Skandal? Bei uns organisiert sie - meines Wissens, irre ich mich? - den Büroablauf. Wo dabei ihre privaten Nebentätigkeiten einschränkend eine Rolle spielen, kann ich nicht sehen.
Meines Erachtens vergessen hier einige, dass wir über eine Angestellte der Fraktion reden, die den Entscheidern organisatorisch zuarbeitet. Sie macht keine wissenschaftliche oder politische Arbeit. Und sie ist daher konsequenterweise auch nicht gewählt worden, sondern von der Fraktion angestellt. Daraus einen Skandal zu machen ist absurd.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Alltagssexismus, Vorurteile und Reflektion

In diesem Artikel im Kegelclub beschreiben die Autoren @herrurbach bzw. @acid23 sich selbst als "Alltagssexisten" und benennen einige der Vorurteile, die sie in ihrem Alltag Frauen gegenüber an den Tag legen. Sie nennen einige Beispiele, etwa der Blick auf die Busen und Po oder dass sie bei einem langsam fahrenden Autofahrer zunächst davon ausgehen, es wäre eine Frau. Und sie kommen zu dem Schluss, dass dieses Verhalten sexistisch und falsch ist und dem anderen Geschlecht "einen Teil ihres Menschseins" raube.

Ein längerer Teil des Artikels handelt dann auch darüber, wie sie versuchen, ihr Verhalten zu kontrollieren, aber immer wieder "schnappt das Gummiband zurück". Sie beschreiben, wie sie "in einer sexistischen Umgebung" aufgewachsen seien, in der "die Vorurteile und kleinen Späße [..] kein Problem" waren und auch nicht Gesprächsthema.

Ich habe da etwas andere Ansichten. Sicher, ich zeige dieselben Verhaltensweisen. Ich schaue (schöne, das sind die meisten) Frauen lieber an als Männer, nicht nur im Gesicht. Ich bin einer Frau gegenüber zuvorkommender, freundlicher und offener. Wenn ein Auto mitten im Verkehr den Motor abwürgt, bin ich nicht überrascht, wenn eine Frau am Steuer sitzt. Und auch ich würde einer Frau gegenüber technische Dinge anders erklären als einem Mann. Jeweils unterstellt, dass ich von jemandem rede, den ich noch nicht kenne.

Diese Verhaltensweisen zeige ich bei vielen Unterscheidungsmerkmalen: Beispiel Alter: Ich schaue (schöne, das sind die meisten) junge Menschen lieber an als alte, nicht nur im Gesicht. Wenn eine Auto mitten im Verkehr den Motor abwürgt, bin ich nicht überrascht, wenn ein älterer Mensch am Steuer sitzt. Und auch ich würde einem älteren Menschen gegenüber technische Dinge anders erklären als bei einem jungen Menschen.

Ähnliche Beispiele lassen sich für sehr viele von außen leicht erkennbare Merkmale finden: Herkunft (der äußeren Erscheinung nach), Größe, Gepflegtheit, Automarke, Kleidung, Stadtkürzel des Nummernschilds und so weiter. Die Liste ist endlos. Natürlich ist es ebenso ein Vorurteil, wenn ich jedem Mercedesfahrer unterstelle eine "eingebaute Vorfahrt" zu haben, wie wenn ich bei jedem Fahrer mit SU-Nummernschild von einer rücksichtslosen Fahrweise ausgehe, wenn ich bei einer Person mit sehr kurzen Haaren sofort an Neonazis denke oder wenn ich bei Menschen osteuropäischer Herkunft ohne es zu wollen etwas vorsichtiger bin und vielleicht die Straßenseite wechsle. Bei vorgenannten kurzhaarigen Personen übrigens auch.

Wir brauchen Vorurteile. Wie sonst sollen wir mit jeder Alltagssituation umgehen? Wir können nicht alles und jeden gleich behandeln. Ich meine damit nicht, dass dieses Verhalten aus irgendeinem Grund unpraktisch wäre oder so, sondern dass wir es schlicht und ergreifend nicht können. Menschen werten. Immer. Auch, wenn sie jemanden zum allerersten Mal sehen. Das heißt aber doch automatisch, dass Vorurteile eine Rolle spielen, denn beim allerersten Sehen weiß ich über mein Gegenüber eben nur, was ich sehe. Allein daran kann man kaum eine Fähigkeit oder Charaktereigenschaft zuverlässig bestimmen. Mit anderen Worten: man vorurteilt.

Und ich weiß, dass manche, sogar viele, dieser Vorurteile falsch sind, das heißt, dass eben das ungute Gefühl, dass mich leider bei einem fremden Menschen osteuropäischer Herkunft manchmal beschleicht, irrational und nicht auf belegbaren Fakten begründet ist und eine besondere Vorsicht unnötig und dem Menschen gegenüber verletzend ist. Das muss ich reflektieren und meistens, hoffe ich, gelingt mir das ganz gut und ich wechsle eben nicht die Straßenseite.

Wenn ich mich im Auto mal wieder über Mercedesfahrer aufrege, sehe ich das schon ein bisschen anders. Die Reflektion ist hier einfacher: Ich ändere mein Verhalten gegenüber Mercedesfahrern nicht. Daher ist das Vorurteil schon harmloser und ich muss auch nicht immer daran denken.

Es sind auch nicht alle Vorurteile per se falsch. Auch sie gründen ja, zum Teil, auf Erfahrungen. So haben viele ältere Menschen mehr Probleme mit Technik als jüngere, darum ist es nicht falsch, darauf einzugehen. Wenn man dann mal die Ausnahme von dieser Regel erwischt, ist das vielleicht unangenehm und möglicherweise auch unschön, aber alle Menschen gleich zu behandeln würde das Erklären doch arg erschweren, da man entweder vielen die Dinge zu kompliziert erklärt oder viele mit unnötig ausführlichen Erklärungen langweilt.

Auch die Vorurteile über die Geschlechter sind nicht alle per se falsch. Das zu behaupten wäre realitätsfern. Meiner Meinung nach sind Frauen beispielsweise in der Regel einfühlsamer, offener, als Männer. Sie sind üblicherweise weniger wettbewerbsorientiert, ich würde fremden Frauen zum Beispiel ganz andere Gesellschaftsspiele vorschlagen als Männern. Das sind natürlich Erfahrungswerte und somit auch ein Durchschnitt, das heißt dass natürlich viele Frauen auch die strategischen und taktischen Spiele gerne Spiele, die ich eher Männern unterstelle (und umgekehrt), doch die meisten eben nicht. Männer und Frauen unterschiedlich zu behandeln ist damit nicht per se falsch.

Wichtig ist aus meiner Sicht die Reflektion: Man sollte sich bewusst sein, auf welch dünner Grundlage, nämlich der Wahrnehmung der wenigen sichtbaren Merkmale, man sein erstes Urteil bildet. Man (und das ist ganz bewusst mit einem 'n' geschrieben) sollte bereit sein, seine Einschätzung bei näherem Hinsehen, gewissermaßen mit dem Erlangen weiterer Informationen über die Person, zu revidieren. Wenn ich einem fremden, älteren Menschen einen technischen Sachverhalt erkläre und bemerke, dass dieser mir sehr gut und schnell folgen kann, dann ändere ich die Art des Erklärens und passe mich an. Dieser Mensch ist damit in dieser Hinsicht für mich auch nicht mehr so fremd, und ich gelange einen Schritt vom Vorurteil in Richtung Urteil.

Man sollte auch reflektieren, welches Verhalten man den anderen Menschen gegenüber an den Tag legt. Ich kann Vorurteile nicht prinzipiell aufheben, das widerspricht meiner Natur als Mensch und ich glaube keinem Menschen, der auch nur behauptet, in dieser Hinsicht Fortschritte zu machen. Ich kann aber mein Verhalten kontrollieren, kann mir eines Vorurteils bewusst werden und versuchen, trotzdem möglichst allen Menschen die gleiche Achtung entgegenzubringen. Das mache ich zum Beispiel, in dem ich auch bei einer Person, die in mir ein unangenehmes Gefühl erzeugt, bei der ein erster Reflex wäre, die Straßenseite zu wechseln, bewusst auf der Straßenseite bleibe. Oder indem ich einer Frau vielleicht bestimmte Verhaltensweisen am Steuer eines Autos im Geiste unterstelle, mich aber trotzdem davon abhalte, Hinweise auf eine bessere Fahrweise zu geben oder dergleichen.

Das ist nicht immer leicht und sicher gelingt es keinem perfekt. Mir bestimmt nicht. Und sicher bin ich auch, in einer gewissen Bedeutung des Wortes, sexistisch im Alltag. Denn natürlich (in der wahrsten Bedeutung dieses Wortes, nämlich auf Grund meiner Natur) versuche ich einer attraktiven Frau mehr zu gefallen als einem fremden Mann. Dieses Verhalten diskriminiert nicht nur den Mann, sondern auch weniger attraktive Frauen. Damit gebe ich einem begrenzten Kreis Menschen einen Bonus, den andere sich erst erarbeiten müssen. Wie sollte ich das aber ändern? Ich möchte nun mal keine besondere Aufmerksamkeit (und damit ist nichts sexuelles gemeint, dass über vielleicht einen harmloser Flirt und ein nettes Gespräch hinausgeht) von Männern oder unattraktiven oder unsympathischen Frauen, sondern von attraktiven und sympathischen, und das sind nun mal Eigenschaften, die ganz eng mit dem Äußeren verbunden sind, und damit essentiell Vorurteile. Da habe ich auch keine Lösung für.

Mein Fazit: @herrurbach und @acid23 verdienen Respekt dafür, dass sie über ihr eigenes Verhalten reflektieren und versuchen, an sich zu arbeiten. Ich glaube allerdings, dass sie ein wenig an der falschen Stelle ansetzen. Man hat das Gefühl, die beiden wollen ihre Gedanken ändern. Das wird ihnen nicht gelingen, da bin ich mir sicher. Mit viel Reflektion kann man aber sicher sein Verhalten in vielerlei Hinsicht anpassen, so dass die Wirkung von Vorurteilen stark abgeschwächt werden kann.


Nachtrag: Ich verwende das Wort "Vorurteil" im Rahmen dieses Textes nicht im Sinne eines dauerhaft vorhandenen Urteils über eine Gruppe mit einem bestimmten Merkmal. Ein solches Vorurteil gehört selbstverständlich dauerhaft bekämpft und abgeschafft und es zu akzeptieren hieße tatsächlich, Sexist, Rassist oder entsprechend des 'verurteilten' Merkmals ein anderer -ist zu sein. Ich verwende das Wort "Vorurteil" im Sinne eines Urteils gegenüber eines Angehörigen einer Gruppe mit einem bestimmten Merkmal , das vorübergehend Anwendung findet, bis man genaueres erfährt.
So habe ich @herrurbach und @acid23 auch verstanden, jedenfalls legen ihre gewählten Beispiele das nahe.

Sonntag, 27. November 2011

Guter Cop, Böser Cop?

Inzwischen werden die meisten Leser es schon gehört haben, ein Cop der U.C. Davis Police, Lt. John Pike, hat friedlich sitz-blockierende und parolen-skandierende Studenten mit lässiger Handbewegung und Miene, soweit man das in der Kampfmontur sehen kann, mit Pfefferspray ins Gesicht gesprüht.

Jetzt hat Anonymous angekündigt, den Polizisten wie ein Schwein quitschen zu lassen. "We'll make you squeal like a pig." Dabei wurden auch die Adresse, die Telefonnummern und weitere persönliche Daten von Pike veröffentlicht.


Die Tat ist verachtenswürdig. Es handelte sich nach allem, was man liest und sieht, um friedlichen zivilen Ungehorsam und es war zwar laut, aber die Studenten erschienen auf den Videos, die ich gesehen habe, friedlich und gewaltfrei. Sie haben irgendeinen Weg blockiert, ich glaube, zu einem Protestcamp, das geräumt werden soll. Ganz ehrlich, es sah geradezu aus, als könne die Polizei da einfach drumherumlaufen, denn die Sitzblockade war nur wenige Meter breit, soweit man das erkennen konnte.

Die ganze Pfefferspray Aktion erscheint mir also nicht nur menschenverachtend, unmoralisch und illegal, sondern auch unnütz. Tatsächlich erscheint Lt. Pike auf den Videos lässig und unbeteiligt, als er die Studenten einsprüht. Trotzdem habe ich einen üblen Geschmack im Mund, wenn ich mir die Reaktion von Anonymous anschaue. Die Veröffentlichung der privaten Adresse und weiterer Kontaktdaten zusammen mit schlagwortartigen Aufrufen werden mit Sicherheit von manchen Leuten als Aufruf zu Gewalt gegen den Polizisten verstanden.

Mir erscheint die Reaktion zu personenbezogen: Ja, dieser Polizist hat Pfefferspray benutzt und er gehört dafür angeklagt, aber seine Körperhaltung kann dabei nicht ins Urteil mit einfließen. Niemand weiß, was er in dem Moment gedacht hat. Vielleicht hat es ihn Überwindung gekostet, aber er hatte die Entscheidung getroffen und die zur Schau gestellte Gleichgültigkeit war seine Methode, seine Bedenken zu überwinden.

Welche Körperhaltung und welcher Gemütszustand ist denn beim derartiger Gewalt gegen Studenten akzeptabel? Ein grimmiger Blick, der Bereitschaft zu mehr Gewalt suggeriert? Tränen in den Augen wegen der Schmerzen? Ein neutraler Blick? Wut gar?

Werft dem Polizisten vor, dass er brutal war und unnötig Gewalt angewendet hat. Klagt ihn an, 'memed' ihn meinetwegen und macht ihn etwas lächerlich. Tut ihm aber nichts an und lasst es auch nicht so erscheinen, als würde Gewalt gegen ihn gut sein. Schon der Ansatz führt in eben jene Lage, in der sich die Polizei jetzt befindet. So sehr ich die Polizei inzwischen teilweise fürchte und verachte und ein mulmiges Gefühl habe, wenn bei einer Massenveranstaltung Einsatzwagen mit Dutzenden Polizisten in Kampfmontur bereitstehen, so sehr lehne ich jegliche Lynchjustiz ab und vertraue darauf, dass eine unabhängige und freie Justiz das Mittel der Wahl ist, um auch mit Polizeigewalt fertig zu werden. Das ist die Baustelle.

Montag, 7. November 2011

CDU-Linksruck: Gut für die Piraten. Und ein Aufruf!

Die CDU rückt gewaltig nach links. So sieht es zumindest aus. Die Einführung des Mindestlohns scheint beschlossene Sache. Der Atomausstieg ist mal wieder beschlossen worden. Die Wehrpflicht ist so gut wie abgeschafft.

Ich finde das gut, alle diese Punkte. Ich bin - wenn man mich in das Links-Rechts-Schema zwängt - irgendwo zwischen SPD und Linken, in der Nähe der Grünen - die aber ja selbst schon nicht so recht passen. Insofern ist es natürlich klasse, wenn die eigentlich eher rechte Regierung diese linken Programme erfüllt.

Ich bin aber seit neuestem - noch nicht ganz offiziell, wo bleibt bloß meine Mitgliedsnummer? - Pirat. Und ich finde, die Piraten lassen sich nicht in das Links-Rechts-Schema einordnen. Wenn man sie in die Schablone drückt, werden sie schon irgendwo links der Mitte herauskommen, nehme ich an, aber man wird auch merken: Sie passen da nicht rein. Und genau deshalb ist es richtig gut, wenn die CDU nach links rückt und von der SPD kaum noch unterschieden werden kann. Denn je schwammiger die großen VolksParteien sich untereinander profilieren, desto mehr hebt sich der Unterschied zwischen der CDU, der SPD und den Linken auf der einen Seite und den Piraten auf der anderen Seite ab: Die einen passen in das Schema, die anderen nicht. (Die Grünen habe ich bewusst außen vor gelassen.)

Es ist der Stil und der innerparteiliche Prozess, der den Unterschied ausmacht. Der Fraktionszwang, der Zwang zur Einigkeit nach außen.

Damit kommen wir aber zu einer großen Sorge, die ich habe: Ich höre in letzter Zeit oft, wie den Piraten vorgeworfen wird, sie hätten noch kein vollständiges Programm und keine Antwort auf einige wichtige Fragen. Oft antworten Piraten oder Freunde der Piraten dann, bis zur Bundestagswahl würde das Programm schon stehen oder zumindest größtenteils. Ich hielte das für falsch. Ich glaube, die Piraten fahren am Besten, wenn sie sich wenig Programm geben und jeden Punkt, der intern nicht von einer großen(!) Mehrheit beschlossen wird, einfach offen lassen.

Denn das Problem unseres Politiksystems ist meines Erachtens die Parteienpolitik, die sich im Fraktionszwang und in der Listenwahl äußert und so den Parteien die Werkzeuge in die Hand gibt, den eigentlich vom Bürger legitimierten Politiker unter Druck zu setzen. ("Wenn Du den Fraktionszwang nicht beachtest, fliegst Du in vier Jahren von der Liste.") Ich glaube, unsere Politik wäre sinnvoller, nachhaltiger und verantwortungsvoller, wenn die Abgeordneten in erster Linie ihrem Gewissen, ihrer eigenen Meinung verpflichtet wären. Das geht aber nur, wenn die Fraktion eben nicht in jeder wichtigen und unwichtigen Frage eine Fraktionslinie hat, die eingehalten werden muss.

Daher, liebe Piraten: Gebt Euch kein wenig Programm. Bleibt frei! Verpflichtet Euch nur, wenn eine wirklich große Mehrheit der Partei die Entscheidung mitträgt. Sollten wir hoffentlich irgendwann einmal koalieren: Keine Verpflichtungen im Koalitionsvertrag, außer bei den Punkten, bei denen schon Einigkeit besteht. Jede politische Entscheidung sollte im jeweiligen Parlament eine Mehrheit finden, ungeachtet der Meinung der Rädelsführer in den Fraktionen oder auch der Mehrheiten in den Fraktionen, denn in einem Parlament geht es um die Mehrheiten des ganzen Parlaments!

Steuersenkung - nein, danke!

Gerade lese ich in der Tageszeitung (jawohl, ich habe die noch handfest auf Papier abonniert), dass sich die große Koalition auf Steuersenkungen geeinigt habe. Gestern habe ich dazu bei einer kurzen Autofahrt ausschnittsweise einen Politiker, Partei unbekannt, gehört, der meinte, die Bundesländer müssten da mitmachen, sie stünden in einer Verpflichtung dem Bürger gegenüber, bei großen Einnahmen dem Bürger zu helfen.

Hier möchte ich widersprechen: Nein, tun sie nicht. Die Bundesländer und auch der Bund stehen in der Verpflichtung kurz-, mittel- und langfristig gute Politik zu machen und sie scheitern meines Erachtens schon beim kurzfristigen Teil. Nicht nur ist es verantwortungslos, ein so hoffnungslos verschuldetes Land wie Griechenland Deutschland nicht mit aller Kraft zu entschulden, wie man gerade an Spanien Portugal Italien Irland den USA Griechenland sieht, es ist sogar verboten. Die Schuldenbremse, von Merkel selbst als Vorlage für Europa und die Welt gelobt, schreibt wohl vor, dass alle konjunkturell bedingten Mehreinnamen des Staates direkt in die Schuldentilgung fließen müssen. Jede neue Ausgabe oder Steuersenkung dagegen muss durch Einsparungen an anderer Stelle oder Steuererhöhungen gegenfinanziert werden.

(Dass dieses ganze Konzept angesichts der Abhängigkeit der Einnahmen von der Konjunktur wackelig ist, sei hier nur mal so dahingestellt.)

Mit anderen Worten: Nicht nur verpasst die Koalition momentan die konjunkturell gegebene Chance, etwas die Schulden abzubauen und es damit für die nächste Generation etwas einfacher zu machen, sie verstößt auch noch gegen die Verfassung. Bravo!

Noch eine kleine Randbemerkung: Die Steuersenkung soll im Jahr 2013 bzw. 2014 greifen, also nach der Bundestagswahl. Damit sich die dann mutmaßlich andersfarbige Regierungskoalition vorwerfen lassen darf, Steuergelder nicht zur Schuldentilgung auszugeben.

Und noch eine Randbemerkung: Nicht eingehen werde ich in diesem Artikel auf die gerechte Verteilung der Steuergeschenke und auf die Herdprämie das Erziehungsgeld. Aber auch nicht auf den geplanten Mindestlohn.

Letzte Randbemerkung: Ich war wirklich überrascht: Der General Anzeiger Bonn kritisierte in einem Kommentar nicht etwa die Ankündigung der SPD, gegen die Steuerkürzungen notfalls zu klagen, sondern verteidigte dieses Recht der SPD sogar. Diesmal ein ernstgemeintes: Bravo!

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Wann ist eine Idee schützenswert und was ist überhaupt eine Idee?

Neulich habe ich in den Kommentaren des Blogs von Hollarius über die mögliche Neugestaltung des Urheberrechts diskutiert. Das nehme ich jetzt mal zum Anlass, mir hier etwas ausführlicher meine Gedanken zu machen, auch, weil meine Kommentare bei Hollarius relativ spontan in die Tasten gehauen waren und somit nicht völlig durchdacht.

Zunächst: Ich bin der Meinung, dass die meiste Kunst wie Lieder, Theaterstücke, Romane und dergleichen ins Reich der Ideen gehören und damit ähnlich behandelt werden sollten wie beispielsweise Patente, Erfindungen und Software behandelt werden sollten. Hierzu meine Begründung: Eine Idee kann keine Urheberschaft erzeugen oder jedenfalls keine besonderen Rechte daraus. Denn eine Idee kann jeder haben und daraus, das der eine sie eher hatte, sich ihrer eher bewusst war oder eher dazu gekommen ist, sie schützend anzumelden oder dergleichen ergibt sich eben noch keinerlei Sonderrecht, aus der Idee einen nutzen zu ziehen. Das leuchtet bei alltäglichem sofort ein: Ein Kochrezept, dass ein Hobbykoch durch herumprobieren 'entdeckt', die Zusammenstellung eines Blumenstrauß, das Bild eines dreijährigen Kindes. Alles tolle Ideen, die insbesondere bei letzterem auch relativ eindeutig auf eigene Kreativität zurückzuführen sind und eindeutig nicht auf eine bestimmte Vorlage zurückzuführen.

Trotzdem ist auch klar, dass diese Dinge nicht neu sind: Das Rezept mag in einer anderen Familie eine lange Tradition haben, die Blumen stellt der Blumenladen in einem Vorort von Moskau vielleicht schon lange so zusammen und die Kopffüssler eines Dreijährigen ähneln nunmal fast zwangsläufig den Kopffüsslern von Millionen anderen Dreijährigen. Und trotzdem wurde die Idee in keinem der Fälle geklaut.

Kann aber aus einer Idee, die jeder haben könnte, eine Leistung werden, die eindeutig und anerkennenswert ist? Spontan möchte man sagen ja: Eine abendfüllende Oper ist eben ganz einfach so lang und umfangreich, dass es recht unwahrscheinlich ist, dass jemand anders sie nochmal ersinnen kann. Somit wird der Schluß gezogen, dass ein sehr ähnliches Werk wohl auf der Oper basiert und gewissermaßen eine etwas veränderte Kopie darstellt. Ein Computerprogramm erscheint ebenfalls hinreichend komplex, dass bei ausreichender Ähnlichkeit auf bewusste oder unbewusste Nachahmung geschlossen werden kann.

Wo liegt nun aber die Grenze zwischen einer Idee, die jeder haben könnte und einem Werk, das so komplex ist, dass ein Zufall ausgeschlossen erscheint, wenn etwas ähnliches erstellt wird? Und kann eine solche Grenze gezogen werden? Musikstücke bestehen oft aus einem Thema, das variiert und doch wiedererkennbar immer wieder vorgetragen wird. So ein Thema kann eine recht kurze Melodie sein, die vielleicht ein oder zwei Takte lang ist. Eine so kurze Melodie aber ist meiner Meinung nach durchaus nicht so einzigartig, dass sie nicht unabhängig von der Kenntnis des "Originals" erdacht werden könnte. Wie komplex, wie lang, muss eine Melodie sein, und wie oft und variiert wiederholt werden, damit 'eindeutig' ist, dass es sich niemand dieselbe Melodieabfolge zufällig auch so (oder verwechselbar ähnlich) ausdenken kann? Da es sich um Wahrscheinlichkeiten handelt, ist die Antwort aus meiner Sicht ganz eindeutig: Unendlich lang, mit anderen Worten, jede noch so lange Melodie könnte durch jemanden erdacht werden, der sie nicht schon gehört hat. Das ist ja schon dadurch bewiesen, dass der 'ursprüngliche' Künstler die Melodie auch erdacht hat, ohne sie vorher zu hören, vorher hatte sie ja noch niemand erdacht.

Der Schritt von der Musik, die mir hier als Beispiel diente, zu anderen Formen der Kreativität - Malerei, Schreiben, um nur einige zu nennen - erscheint mir unproblematisch. Was in der Musik die Zusammenstellung der Noten ist in der Malerei die der Farben, beim Schreiben die der Worte. Warum sollte ein Dialog aus einem Theaterstück, der möglicherweise sogar im Alltag so stattfinden könnte, je nachdem, einzigartig sein, wo doch der Autor schon durch sein eigenes Werk den Beweis erbringt, dass die Kenntnis ebendieses Werkes nicht notwendig ist, um es zu erstellen? Nicht zuletzt ergibt sich ja auch die Möglichkeit, dass eben doch sogar schon jemand anders vorher sich das Werk so oder fast genau so erdacht hat.

Damit komme ich für mich also zu dem Schluß, dass eine Idee nicht schützenswert ist und auch eine komplexe Komposition von Ideen nicht schützenswert sein kann. Damit meine ich natürlich nicht nur die von mir genannten Beispiele von Kunst und Kreativität, sondern auch Design, Architektur, Programmierung, Rezepturen, Materialmischungen und so fort. All das ist meiner Meinung nach nicht schützenswert. Schützenswert meint hier, dass eine Art besonderes Recht für denjenigen existieren muss, der irgendetwas zum ersten Mal anmeldet, macht oder aufschreibt.

Bleibt die Frage, die Hollarius hier ganz anders beantwortet als ich: Wie sollen Kreative etwas bekommen für ihre Arbeit? Denn es ist zweifelsohne häufig (aber nicht immer und so krass, wie Hollarius das beschreibt) der Fall, dass Kreative lange und hart arbeiten müssen, um eine solche komplexe Zusammenstellung von kleinen Ideen wie ein Theaterstück, ein Stück Software oder eine Musikstück fertigzustellen. Und es ist für die Gesellschaft ja unbestritten förderlich und sinnvoll, wenn Kreative ihre Arbeit tun und Neues erschaffen, sei es zur Unterhaltung, sei es nützlich. Hierauf bietet meiner Meinung nach das bedingungslose Grundeinkommen eine Antwort, da es die Möglichkeit(!) bietet, dass der Lohn einer Arbeit wieder fairer wird. Wann ein Lohn fair ist, ist eine Frage für sich, ich meine in dem Fall, dass der Lohn sich dem tatsächlichen Bedarf anpassen wird, und zwar sowohl dem Bedarf des Zahlenden an der Arbeitskraft des Kreativen, was ja seine Kreativität mit einschließt, als auch an dem Bedarf des Kreativen an einer Entlohnung für seine Mühen, was auch z.B. eine Ausbildung, ein Studium oder entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen mit einschließt.

Die Chance für jeden einzelnen, jeden Job abzulehnen, der nicht angemessen bezahlt wird, ermöglicht den Druck auf die Zahlenden, so viel zu zahlen, bis genügend Leute die Arbeit machen. Bei Kreativen wie Autoren oder Malern ist die Rolle des Zahlenden sicher nicht so eindeutig definiert, was ein Problem darstellt. Aber keines, was nicht überwunden werden kann. Und nicht zuletzt ist meine Hoffnung und auch Überzeugung auch, dass die Einführung des BGE die Gesellschaft wegführt von reinem Gewinnstreben hin zu mehr Gerechtigkeitsstreben. Vielleicht werden Musiker ihre Musik häufig kostenlos abgeben - aber durch Spenden trotzdem angemessen entlohnt werden. Oder es entstehen Netzwerke, in denen die Musiker durch die Gesellschaft je nach Anzahl der Kopien, die von ihren Stücken in Umlauf sind, belohnt werden (auch wenn es mir beim Gedanken an eine Mischung aus GEMA und GfK etwas gruselt).

Ich denke, die Anpassung von Angebot und Nachfrage wird erfolgen. Auch Künstler sind nicht so selbstlos, dass sie einfach immer weiter Kunst schaffen, auch wenn es nicht entlohnt wird. Und dadurch wird das "Angebot" an Kunst so zurückgehen, dass der Preis dafür steigt, also die Bereitschaft, etwas dafür zu bezahlen. (Sollte die Annahme, dass Künstler sowieso für lau Kunst machen, doch wahr sein, dann sollte nicht die ganze Gesellschaft mit einem starren und unzeitgemäßen Urheberrecht dafür büßen, dass Künstler solche Gutmenschen sind.)

Das hier ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluß. Ich habe mich jetzt zwar einige Stunden mit Überlegungen zu dem Thema befasst, aber das ist ja immer auch eine Frage der Überzeugungen und des eigenen Menschenbilds. Daher wird sich fast sicher meine Meinung zu diesem Thema noch verändern, wenn ich weiter darüber nachdenke und diskutiere. Insofern: Los, bringt mich mit Euren Kommentaren zum Nachdenken und Diskutieren!

Samstag, 22. Oktober 2011

Finanzen und die schwäbische Hausfrau

Es würde ja eigentlich schon häufig genug der Vergleich gezogen zur schwäbischen Hausfrau, die auch kein Geld ausgibt, wenn sie keines hat. In einem Punkt muss ich dem zwar widersprechen, denn manchmal lohnt sich die Aufnahme eines Kredits - zum Beispiel beim Hauskauf oder bei einer Unternehmensgründung - aber im Prinzip ist die Aussage die, dass der Staat - eben wie genannte schwäbische Hausfrau - kein Geld ausgeben sollte, was er nicht hat.

Wenn ein Unternehmen, ein Haushalt oder eine einzelne Person kein Geld mehr hat, dann sollte gespart werden und wenn das nicht reicht, dann droht eben die Insolvenz. Es ist verständlich, dass man bei großen Banken, Unternehmen oder gar Staaten da vielleicht nicht schnell mit diesem letzten Schritt einhergeht. Aber irgendwann muss man einsehen, dass es nicht anders geht. Entweder das oder man legt sich darauf fest, dass man - wer auch immer man in dem Fall ist, zuletzt war es meistens die BRD und die EU - für den Erhalt auf alle Fälle garantiert.

Wenn ich das jetzt auf Griechenland bzw. die ganze EU-Schuldenkrise beziehe, dann komme ich zu folgendem Schluß: entweder hören wir langsam mal auf, den hochverschuldeten Staaten weiter Geld nachzuwerfen, das durch die Zinsen und die Schieflage einfach verschwindet, oder wir erklären uns mal langsam endgültig solidarisch. Und das liefe dann wohl auf eine Fiskalunion - soweit ich die Bedeutung des Begriffs verstehe - hinaus.

Stattdessen pumpen wir aus unseren überschuldeten und negativen Budgets Milliarden in die noch überschuldeteren und negativeren Budgets der Schuldenstaaten (und noch ein paar Banken, wenn es nach Herrn Sarkozy geht) und fordern die überschuldeteren Schuldenstaaten dazu auf, sich an den Rand der Revolution zu sparen.

Und weil wir als Bundesrepublik Deutschland so viel weniger verschuldet sind und ja vor allem nicht so viel neue Schulden machen wie die bösen Griechen, um jetzt mal ein Beispiel zu nennen, können wir uns auch milliardenschwere Steuersenkungen leisten.

Ich glaube, es hakt!

Freitag, 14. Oktober 2011

Self-Fulfilling Prophecy

Ich wundere mich doch immer mehr über die Ratingagenturen. Grundsätzlich ist die Existenz solcher Institutionen ja berechtigt, schließlich haben Privatanleger, Banken und Firmen ja ein Interesse daran, von neutraler Stelle zu erfahren, wie es um die Sicherheit einer Anlage bestellt ist.

Jetzt habe ich im Rahmen der Schulden- oder auch Eurokrise immer wieder mitbekommen, dass diese Ratingagenturen mit einer Abstufung 'drohen' und das wundert mich doch sehr. Aktuelles Beispiel: Die Süddeutsche Zeitung meldet, dass die Ratingagentur Fitch unter anderem der Deutschen Bank mit einer Abwertung droht.

Wie kann denn das sein? Ein Rating gibt nach meinem Verständnis an, wie wahrscheinlich es ist, dass das bewertete Institut oder Produkt in Zukunft seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Fitch sagt jetzt also über die Deutsche Bank so etwas wie: "Momentan ist es sehr wahrscheinlich, dass die Bank in Zukunft ihren Zahlunfsverpflichtungen nachkommt, aber es könnte sein, dass es in Zukunft nur noch wahrscheinlich ist, dass die Bank in Zukunft ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommt."

Meiner Ansicht nach stimmt da was nicht. Fitch (und die anderen Ratingagenturen) sollten gar nicht vor zukünftigen Abstufungen warnen können! Entweder glaubt Fitch, dass die Deutsche Bank ihren Zahlungsverpflichtungen eben nicht mehr so sicher nachkommt, dann müssen sie ihr Rating jetzt verändern, oder aber sie glauben weiterhin, dass die Deutsche Bank ihren Zahlungsverpflichtungen sehr wahrscheinlich nachkommen wird, dann dürfen sie auch keine Abwertung ankündigen. Meiner Ansicht nach versucht Fitch (u.a.) mit derartigen Abwertungsankündigungen ihren eigenen Job zu umgehen: Denn wenn es der Deutschen Bank danach schlechter geht, dann haben sie es ja gesagt, und wenn nicht, dann haben sie ja nicht abgewertet.

Self-Fulfilling sind die Ankündigungen dann aber natürlich auch, denn fallende Aktienkurse der Banken schaden natürlich den Banken, ergo macht Ankündigung einer Abstufung die Abstufung wieder wahrscheinlicher.

Warum liest man eigentlich nie das umgekehrte, das würde doch auch gehen?!?

Samstag, 24. September 2011

Erfahrungsbericht mit dem Humax Support

Ich habe einen HD-Fox+ und dort das Problem, dass die Softwareaktualisierung nicht funktioniert. Was kein Problem war, bis ein Bug in der installierten Software dafür sorgt, dass das (bezahlte) Abo für HD+ nicht mehr funktioniert. Der Support von HD+ machte mich dann also (eingeschränkt kompetent, freundlich, hilfsbereit und mit Rückrufservice, 4/5 Sterne dafür) darauf aufmerksam, dass ich das wahrscheinlich mit einem Softwareservice meines Receivers zu beheben ist und ich das Softwareupdate, sofern das nicht per Satellit automatisch funktioniert, auch per USB-Stick vom Computer machen könne. Nachdem ich auf der Homepage von Humax keinerlei Option für ein derartiges Update finden kann, mache ich also den schweren Fehler (für meine Laune), es bei der Humax-Hotline zu versuchen. Auf der Homepage stehen zwei Hotlines, eine davon dediziert für Sky-zertifizierte Geräte, beide nicht kostenlos, aber wenigstens mit halbwegs moderaten Preisen, nämlich 14ct/min. Leider akzeptierten beide Hotlines die Seriennummer meines Gerätes nicht und stellten mich gar nicht erst zu einem menschlichen Ansprechpartner durch, sondern verwiesen auf eine 0900er-Nummer - ohne deren Kosten zu nennen. Ein Anruf dort - immerhin sofort mit Kostenhinweise, knackige 99ct/min trotz eines vor kurzem gekauften Gerätes - brachte mir einen Herrn ans Telefon, der sich, das sei ihm zu gute zu halten, aggressiv darum bemühte, das Gespräch kurz und zielführend zu halten. Offenbar war er allerdings auch genervt. Da ich die Kosten doch kurz ansprechen will, weise ich darauf hin, dass wohl ein Problem mit meiner Seriennummer bestehe, jedenfalls komme ich nicht in die eigentliche Supporthotline. Ja, sagt er, da kann er nix machen. Etwas verdutzt weiß ich gar nicht, was ich machen soll. Er fährt fort, dass da das Problem bestehe, dass manche Seriennummern wohl nicht erkannt werden, das sei bekannt, da kann man nichts machen. Das find' ich ja mal krass. Da kann die Firma ja direkt mit kostenlosem Support werben und dann mit technischen Problemen auf eine 0900er-Nummer verweisen. Jedenfalls, meine folgenden ausführlichen Erklärungsversuche, wie ich dazu komme, seine Hilfe zu suchen und was mein Problem sei, hat er mehrmals unhöflich unterbrochen, um endlich nach der Fehlermeldung zu fragen. Kaum sage ich ihm, dass der Receiver melde, mein HD+-Abo sei abgelaufen, erklärt er unmissverständlich, dann brauche ich ein Softwareupdate. Schlauer Bursche. Soweit war ich. Er will gerade die Menüführung zum Punkt "Automatisches Update" erklären, da unterbreche ich - Rache ist Blutwurst und außerdem kostet jede Minute einen Euro - ihn und sage schnell, dass hätte ich schon probiert, das ginge nicht. Darauf hin fängt er an, mit Fachwörtern um sich zu schmeißen: Ein-Kabel-Lösung, OTA, Satellit, whatever. Und sich hörbar zu erregen, dass ich ihm nicht deutlich sagen kann, wie sich unsere Installation hier technisch nennt. Beiläufig erwähnt er die Möglichkeit einer Zurückstellung auf Werkseinstellungen und eines darauf folgenden Sendersuchlaufs, woraufhin das Update über Satellit vielleicht wieder gehe. Da ich nicht das Gefühl habe, hier schnell weiterzukommen, unterbreche ich ihn und sage, das werde ich jetzt mal probieren. Woraufhin mein persönlicher Höhepunkt in dem Gespräch folgt: Er fragt mich ohne große Erklärungen nach dem Wozu und Wieso nach meinem Wohnort. Spontan habe ich keine Lust, diese unhöflichen Zeitgenossen meinen Wohnort zu sagen und sage, dass sie diese Information doch gar nicht bräuchten. Da hat er das durchschlagende Argument, warum er das doch brauche: Er habe die Arbeitsanweisung, den Wohnort der Anrufer zu erfragen. Ich erkläre ihm kurz angebunden - immer noch 99ct/min zahlend - dass ich die Auskunft verweigere und ihm noch ein schönes Wochenende wünsche. Woraufhin er barsch "Tschüss" in den Hörer ballert und auflegt. Ich hätte gerade große Lust, aus reiner Bosheit irgendwie den Chef dieses Herrn über sein Verhalten einem (mehrfach) zahlenden Kunden gegenüber zu informieren. Grrr.

Freitag, 2. September 2011

Technisches Versagen

Ich bin mit meiner Familie in Urlaub in den Niederlanden. Da ich mich zu den eher technikaffinen Teilen der Bevölkerung zähle, hatte ich für die Fahrt nicht nur mein Navi, ein Tomtom Go Live 950, sondern auch mein Handy vorgesehen. Außerdem wollte ich im Vorfeld noch erkunden und sicherstellen, dass das mobile Internet meines Smartphones erstens funktioniert und zweitens keine immensen Kosten verursacht. Um allen Eventualitäten vorzubeugen habe ich bei der Buchung darauf geachtet, dass unser Ferienhaus über WLAN verfügt.

Montags sollte es los gehen, Freitags rufe ich also bei 1&1 an, um die Auslandsoptionen zu erörtern. Die Dame an der Hotline berichtet mir erfreuliches: Es gebe eine Option, die wäre einen Monat oder 200MB kostenfrei und könne danach bequem per SMS für knapp 10€ für einen Monat oder 200MB verlängert werden. Das fand ich ein tolles Angebot, daher bat ich direkt um eine Buchung. Leider stellte sich dann heraus, dass sie diese tolle Option in meinen Vertrag irgendwie nicht buchen konnte. Sie verabschiedete sich mit dem aufrichtig gemeinten Rat, ich solle mir zum Emailen doch ein Internetcafe suchen.

Nun gut, war ich halt auf das WLAN des Hauses angewiesen. Erstmal aber hinnavigieren. Aber nicht mit dem Smartphone, denn spätestens bei der ersten Rast abseits der Strecke hinter der Grenze wäre die fehlende Internetverbindung ein Problem. Das Navi habe ich dann Sonntags noch mit einer neuen Karte versehen und über Nacht am PC geladen. Montags beim Packen fiel mir kurz auf, dass der Startbildschirm dauerhaft angezeigt wurde und sonst nichts und das Navi sich nicht abschalten ließ. Nachdem sich dieser Zustand auch nach einiger Fahrtzeit und schließlich nach einem Neustart, nachdem der Akku endlich alle war, beheben ließ, ergab eine kurze Recherche, dass eine einfache Lösung für dieses wohl häufiger auftretende Problem existiert. Dafür muss das Gerät nur an den PC angeschlossen werden. Den PC habe ich sogar mit im Urlaub, den USB-Adapter für das Navi aber natürlich nicht. Soviel dazu, das Navi bleibt also aus.

Notlösung #1: Per Smartphone und ab der Grenze bloß nicht von der geplanten Route abweichen, damit keine Internetverbindung nötig wird. Als ich feststellen musste, dass das Ladekabel des Smartphones dummerweise einen Wackelkontakt hat und es nicht dazu zu bewegen ist, zuverlässig das Handy zu laden, muss ich diese Lösung wohl verwerfen: Mit eingeschaltetem GPS ohne Strom hält der Akku die vierstündige Fahrt nie durch.

Notlösung #2: Beim Zwischenstop bei den Schwiegereltern einen Google Maps Routenplanerausdruck mitnehmen. Einen Ausdruck. Aus dem Internet! Ich bin ein Internetausdrucker. Ogottogottogott...

Zwischendurch haben wir, als wir von der geplanten Route dummerweise abgewichen sind, noch eine Karte gekauft - die war immerhin nicht aus dem Internet ausgedruckt.

Am Ziel angekommen musste ich dann schnell feststellen, dass in dem Haus zwar WLAN vorhanden war, aber nur in Form eines KPN-Hotspots, der nochmal knapp 25€ pro Woche(!) kostet. Knurrend und murrend habe ich das Geld bezahlt, da ich trotz Urlaub ein wenig fleißig sein will und ich mir das ohne Internetanschluß beim besten Willen nicht vorstellen kann. Ich finde das allerdings schon ziemlich unzeitgemäß: Wenn ich mich nicht gekümmert hätte, würde ich jetzt 0,39€/10KB bezahlen. Ich habe keinen Onlinezähler aktiv, aber das würde sich ziemlich sicher auf mehrere hundert Euro kumulieren. Da ich mich gekümmert habe, zahle ich jetzt ca. 50€ für die zwei Wochen. Und zwar nur für den nicht gerade berauschenden WLAN-Empfang hier im Haus und eben da, wo KPN zufällig noch Hotspots hat. Wenn ich da an den Vergleich denke, dass ich in Deutschland 10€ für einen ganzen Monat nahezu flächendeckenden Internetzugang ohne Volumenbeschränkung zahle, dann frage ich mich schon, warum noch niemand diese Marktlücke füllt und Auslandsdatenoptionen für 5 bis 10 € anbietet.

Sonntag, 10. Juli 2011

Stabilität und Wohlstand

Es kotzt mich mal wieder an. Verteidigungsminister De Maizière hat auf WDR5 und wohl auch dem Hamburger Abendblatt gegenüber so viel gelabert, dass es mir wieder hochkommt. Die Waffenlieferungen an die Saudis seien gut und richtig, weil Saudi-Arabien ein Partner der Deutschen sei, der in der Region für Stabilität sorge.

Das ist so verlogen und einfach nur arschig, dass es einem hochkommt: Natürlich sind die Saudis Garant für Stabilität in der Region: Sie schlagen Aufstände, gern auch in Nachbarländern, mit ihrem Militär nieder. Militär, das nun deutsche Panzer dafür verwenden darf.

Super, stabile Region, deutsche Regierung und Industrie happy.

Grrrr.

Mittwoch, 29. Juni 2011

Kultur und die öffentliche Förderung

Vor kurzem hatte ich mit Hollarius und einigen anderen auf einer Feier eine längere Diskussion über die Finanzierung von Kultur durch die öffentliche Hand. Ich will hierzu einige Gedanken aufschreiben, anlässlich einer Artikelserie im General-Verschweiger Bonn.

Vielleicht zunächst mein Standpunkt: Ich halte die Kultur in Deutschland weitgehend für zu subventioniert. Ich finde, Kultur um der Kultur willen unnötig oder doch zumindest unnötig genug, dass an dieser Stelle als erstes gespart werden sollte. Heute bringt der GA dann also den dritten Teil der umfangreichen Serie und im Rahmen dessen ein "GA-Gemeinwohl-Ranking", in dem die Zeitung den Zuschuß pro Jahr mit der Anzahl der Nutzungen und dem Kostendeckungsgrad verrechnet und so auf die künstliche und teilweise Bewertung "Gemeinwohlpunkte" kommt. (Kurz: Hohe Kostendeckung und häufige Nutzung bringen viele Punkte, hohe Zuschüße wenige.)

Auf der Liste sind fünf der größeren, freiwilligen Ausgabenbereiche der Stadt Bonn (und ein gesetzlich verpflichtendes). Ergebnis: ÖPNV hat mit über 80 Millionen Nutzungen (Fahrten) bei 34,5 Millionen € Förderung den ersten Platz. Es folgen KiTas (Zwangsleistung), Sportanlagen und dann Beethoven, Oper und Schauspiel und das Kunstmuseum. Für mich zeigt sich vor allem bei den letzten drei Punkten, dass an dieser Stelle Millionen gespart werden können:
Das Beethoven-Orchester bekommt rund 8 Millionen € pro Jahr und hat etwa 50.000 Zuhörer im selben Zeitraum. Da wird also 50.000 mal eine Eintrittskarte mit 160€ subventioniert. Für mich gehört das Geld auf die Größenordnung 100.000€ zusammengestrichen.
Oper und Schauspiel werden mit 31,5 Millionen € unterstützt, bei ca. 190.000 Zuschauern. Eine Förderung von etwa 165 € pro Besuch. Bei Kartenpreisen, die sich eben zum größten Teil wohlhabendere Teile der Bevölkerung leisten können, ist eine Subventionierung einer Karte mit 165 € meiner Ansicht nach ein Skandal, wenn gleichzeitig der Stadt der Nothaushalt droht.

Hier einige Argumente von Hollarius:
- Einsparungen sind nicht sofort in beliebigem Umfang durchführbar, da manche der Kosten eben aus Arbeitsverhältnissen oder nicht beliebig schnell verkaufbarer "Hardware" bestehen.
- Die Förderung der lokalen Kultur hat einen wirtschaftlichen Nebeneffekt, weil beispielsweise der Fremdenverkehr von einer reichhaltigen Kultur profitiert.
- Kultur braucht eine gewisse Unabhängigkeit von Zuschauerzahlen, um sich weiterentwickeln zu können.

Dazu erwidere ich:
- Dann sollte man besser heute als morgen damit anfangen, zu sparen und diese Kostenfaktoren abbauen, denn wenn die Stadt in den Nothaushalt rutscht, muss sie sparen und hat keine Wahl mehr.
- Ich habe starke Zweifel daran, dass der Opernbesuch durchschnittlich(!) 160€ an anderer Stelle wieder in die Stadtkasse spült. Selbst wenn die Hälfte der Besucher nur wegen der Oper in Bonn wäre und keines der anderen subventionierten Angebote nutzen würde, würde ja vermutlich wenig mehr als die subventionierten 160€ überhaupt in Hotels und Geschäften der Stadt bleiben und nur ein (kleiner) Teil davon geht an den Staat, geschweige denn an die Stadt.
- Das Argument gilt aber nur, wenn sich schnell fortentwickelnde Kultur als Selbstzweck wichtig zu erhalten wäre. Es spricht aber meines Erachtens nichts dagegen, die Kulturentwicklung langsam voranschreiten zu lassen.

Wir werden bei dem Thema wohl nicht einig. Ich würde mich aber freuen, wenn die Stadt Bonn den Mut zeigen würde, ihre (nicht nur) kulturelle Infrastruktur auf das Niveau einer Stadt ihrer Größe herunterzuschrauben. Auch, wenn ich dann für Oper, Museum oder Orchester einiges mehr bezahlen oder nach Köln ausweichen müsste.

Montag, 27. Juni 2011

Warum ÖPNV nicht funktioniert - Beispiel

Als bekennender Grüner mit grüner Einstellung und leider oft nicht ganz so grünem Fußabdruck. Aber man bemüht sich. So auch am vergangenen Sonntag, an dem ein Besuch bei und mit guten Freunden in Dinslaken anstand. Ein paar Kumpels aus Leverkusen wollten auch noch mit.

Schnell die Bahnverbindung gecheckt: Sehr gut, es gibt eine Direktverbindung von Bonn nach Dinslaken. Wie sieht's mit der Rückfahrt aus? Oh - dumm, abends nach 22 Uhr fährt da kaum noch was, geschweige denn durch. Also der erste Kompromiss: Ich fahre mit der Bahn nach Leverkusen, dort steige ich ins Auto und wir fahren zu dritt im Auto bis Dinslaken.

Die Hinfahrt klappt wunderbar. Die Rückfahrt nicht.

Wir fahren zwar rechtzeitig los, ich verpasse trotzdem meine S-Bahn in Leverkusen um drei Minuten. Ärgerlich, aber kein Beinbruch, dank der Zwischenaufenthalte und der guten Verbindung zwischen Köln und Bonn verschiebt sich die geplante Ankunftszeit in Bonn noch nicht einmal. Also nach einer halben Stunde kommt die nächste S-Bahn, in Köln wie geplant eine halbe Stunde Aufenthalt und dann mit der Mittelrheinbahn nach Bonn. Die MRB ist gut voll, aber ich habe einen Sitzplatz, zusammen mit meinem mit Büchern beladenen Wanderrucksack.

Der Zug hat nur wenig Verspätung, höchstens zwei Minuten, als er gegen halb 1 in Bonn ankommt. Hier steigen wie erwartet ein Großteil der Reisenden aus, es ist ziemlich voll. Ich bin dummerweise am falschen Ende des Bahnhofs, lasse auch viele vor, bin mit dem schweren Rucksack sowieso nicht sonderlich schnell. Genau weiß ich dummerweise auch nicht, wo meine N3 abfährt. Immerhin weiß ich, dass ich die N3 nehmen muss.

Da ist sie ja. Moment, da fährt sie ja. SUPER! Das bedeutet für mich ein etwa einstündiger Fußmarsch mit schwerem Rucksack durch Bonn. Danke, Stadtwerke!

Ich habe die Stunde genutzt und darüber nachgedacht, wer hier an was Schuld ist. Zuallererst suche ich die Verantwortung mal bei mir. Viel finde ich aber nicht:
Sicher, ich hätte im voraus schauen können, an welchem Bussteig mein Nachtbus abfährt. Klar, ich hätte drängeln und mit dem Rucksack rennen können, um den Bus zu kriegen. Aber ernsthaft, als halbwegs gesunder und fitter Mensch rennen zu müssen, um einen Bus zu erwischen, finde ich schon falsch. Da liegt woanders zumindest auch ein Fehler.

Die üblichen Verdächtigen also, die Deutsche Bahn? Nein, denn es war nichtmals deren Zug, der Verspätung hatte, sondern eine Mittelrheinbahn. Aber auch der mag ich eine Verspätung von unter fünf Minuten nicht vorwerfen. Sowas kann schon mal passieren, zumal der Zug proppevoll war und die einzelnen Halte dementsprechend alle ein wenig länger waren.

Bleiben die Stadtwerke als Nachtbusbetreiber. Über die habe ich ja neulich schon geschrieben. Und hier finde ich auch am ehesten Grund, weiterhin einen Mangel zu beklagen: Es ist ja toll, dass die Nachtbusse halbwegs mit den ankommenden Zügen synchronisiert sind, aber kann man nicht humane Umsteigezeiten einplanen? Fünf Minuten später täte keinem Reisenden sonderlich weh, aber mancher spart sich dadurch Gedrängel und Gerenne, womöglich mit Gepäck. Oder halt einen einstündigen Fußmarsch mit Gepäck durch die Stadt.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Freundliche Kette bei den Stadtwerken

Wenn Ihr bei Behörden denkt, ihr werdet von einem Sachbearbeiter an den anderen verwiesen und von Abteilung A nach B ohne auf kurzem Wege Euer Anliegen vortragen zu können, dann versucht mal bei den Stadtwerken einen technischen Mangel anzuzeigen und zu beheben.

Das Problem: In unserem Haus befinden sich im Keller zwei Hausanschlußkästen für Strom. Beide sind mit jeweils einem dicken, schwarzen Kabel mit der Wand und somit mutmaßlich mit dem Stromnetz verbunden. Der eine, der graue, besitzt zudem zwei dicke, graue Käbel, über die er oben herum mit unseren Stromzählern verbunden ist. Der andere, der schwarze, hat dafür noch die beruhigende Eigenschaft, dass er nur an dem erwähnten Kabel hängt, also nicht mit der Wand verschraubt ist, und dass er eine gummiartige Flüssigkeit nach unten hin verloren hat.

Das Ziel: Die Stadtwerke als mein Grundenergieversorger (den Strom beziehe ich von Lichtblick), als solcher ja zuständig für alle Leitungen bis zu den Stromzählern und damit auch für besagte Kästen, sollen den offensichtlich außer Betrieb befindlichen alten Kasten entfernen.

Der Weg: Zunächst einmal habe ich auf der Homepage der Stadtwerke die allgemeine Servicenummer herausgesucht. Dort sprach ich mit einem freundlichen Mitarbeiter, der nur kurz versuchte, die Zuständigkeit der Stadtwerke abzustreiten. Aber wirklich nur kurz, ein Hinweis meinerseits auf die Lage der Käste (zwischen den Zählern und der Wand) bremste ihn aus. Nach einer kurzen Schilderung der Situation (#1)nannte er mir die Nummer der Zentrale der Stadtwerke und verwies mich darauf, nach einem gewissen Herrn N. zu fragen.

Die Dame in der Zentrale (die einzige Dame in der Kette, ist das beispielhaft für die Missstände in der Geschlechterfrage in Deutschland?) hatte gleich zwei N.'s anzubieten, konnte aber schon nach der Erwähnung des schönen Wortes "Hausanschlußkasten" den richtigen herausfinden und verband mich weiter. Herrn N. schilderte ich den Fall kurz (#2), woraufhin dieser mich an seinen Kollegen verwies.

Dem Kollegen schilderte ich den Fall (#3), er erwies sich aber leider als nicht zuständig oder nicht kompetent oder sonstwie nicht lösungsbefähigt, er nannte mir Herrn S. als richtigen Ansprechpartner. Dabei versicherte er mir, Herr S. könne mir auf jeden Fall helfen. Ich glaubt ihm. (Ich bin naiv.) Leider konnte er mich nicht mit Herrn S. verbinden, da Herr S. eine Weiterleitung seiner Durchwahl aufs Handy eingerichtet habe, was die Telefonanlage der Stadtwerke wohl durcheinanderbringe. Er bat um mein Verständnis ("Kein Problem, gerne!"), nannte mir die Nummer und bedankte sich für mein Verständnis ("Ja, danke, macht nichts.")

Herr S. wirkte wie ein waschechter Rheinländer, freundlich und offen hörte er sich die Schilderung (#4) an. Natürlich musste er mich erst an einen Kollegen weiterleiten. Der sei dann auch für die Termine mit den Technikern zuständig und könne mir direkt weiterhelfen. Ich glaubte ihm nicht mehr ganz so sehr, hatte doch der Ansprechpartner zuvor ähnliches behauptet. Aber was will man machen?

Ich schilderte also ein weiteres Mal die Situation (#5). Der Mitarbeiter stellt die Vermutung auf, bei dem Übergang vom RWE zu den Stadtwerken sei da wohl was vergessen worden. Ich teilte diese Vermutung. Er bedauerte, mich noch einmal weiterleiten zu müssen. Ich auch.

Der letzte Mitarbeiter war der erste, bei dem ich kurz in der Warteschleife Musik hören dürfte. Die war auch richtig informativ, war doch plötzlich vom RWE die Rede. Ich befürchtete kurz, dass ich jetzt den Streit zwischen der RWE und den Stadtwerken über Zuständigkeiten ausfechten dürfte, würde aber von einem freundlichen Mitarbeiter beruhigt. Der hörte sich meine Situation an (#6). Leider sah er ein gewisses Problem: Er sei als Mitarbeiter von RWE nur für Störungen zuständig. Störungen behebt nämlich RWE als Dienstleister gegenüber den Stadtwerken. Meine Situation sei ja im engeren Sinne keine Störung. (Vielleicht hätte ich einen Stromausfall simulieren sollen...) Aber man könne ja, so der Mitarbeiter, vielleicht die schräge Lage des Kastens betonen. ("Ja, der hängt richtig schräg!", sagte ich.) Der drohe runterzufallen, so aus Laiensicht, schlug der RWE-Mitarbeiter vor. ("Könnte schon sein," meinte ich, "auch wenn der da vermutlich schon ein Weilchen so hänge, ich kann das ja nicht beurteilen.") Er erfragte dann meine Adresse und versprach, sich dazu zu kümmern.

Wenige Minuten später klingelte dann das Telefon, ein Mitarbeiter der Stadtwerke, fragte wegen der Hausnummer nach, da wäre plötzlich von YfünfundXzig die Rede, ich korrigierte das rasch auf YXzig.

Meine sechsmalige Schilderung der Lage hat sich im Laufe der Zeit verkürzt, hat an Informationsdichte und Relevanz gewonnen. Unwichtige Details habe ich weggelassen, dafür aber Rückfragen vorhergesehen und die Antworten bereits eingebaut.

Übrigens waren alle Mitarbeiter ausnahmslos freundlich, wirkten hilfsbereit und kompetent. Vielleicht fehlte ein wenig Zuständigkeitsgefühl, aber ansonsten ein gutes Team. Ich kann nicht sagen, dass ich mich schlecht aufgehoben gefühlt habe. Schauen wir mal, ob ich jetzt bald auch mal einen Mitarbeiter der Stadtwerke persönlich kennenlerne, wenn mein Problem gelöst wird.

So, und jetzt habe ich noch ein vergleichbares Problem mit der Deutschen Telekom. Oh Gott!

Nachtrag 14:20Uhr: Eben war nach kurzer telefonischer Ankündigung eine "Kolonne" (O-Ton bei der Ankündigung) der Stadtwerke da und hat kurzen Prozess mit den Problem gemacht. Nachdem der Institution Stadtwerke das Problem also bekannt gemacht worden ist, wurde es auch schnell gelöst. Super!

Donnerstag, 5. Mai 2011

Leserbrief zum Tod von Bin Laden

Ich nehme Bezug auf diesen Kommentar im General-Anzeiger Bonn.

Die Formulierung von Herrn Lüke, der Täter von Berlin komme "noch
nicht ein mal in Untersuchungshaft" lässt den Schluß zu, dass der
Prügler gar nicht bestraft werden wird. Es ist hier klarzustellen,
welchem Zweck eine Untersuchungshaft dient und welchem nicht. Eine
U-Haft dient nicht der Bestrafung der Täter. Sie hat nichts mit der
Schwere der Schuld zu tun, sondern dient der Verfahrenssicherung, mit
der Ausnahme, dass eine Wiederholungsgefahr ebenfalls ein Grund sein
kann. Im vorliegenden Fall sind die Richter zu dem Schluß gekommen,
dass der Angeklagt wohl nicht fliehen wird. Zudem sind die Beweise
gegen ihn schon eindeutig genug, so dass eine Verdunklungsgefahr
(Vernichtung von Beweismitteln, Beeinflussung von Zeugen) auch nicht
vorliegt. Bleibt die Wiederholungsgefahr: Diese dient normalerweise
Serienstraftätern oder Sexualstraftätern. Es ist nicht zu erwarten,
dass der Angeklagte bis zum Prozess wieder jemanden zusammenschlägt.
Niedrige Beweggründe haben mit Untersuchungshaft übrigens nichts zu
tun. Dies zu unterstellen bringt den Kommentator auf das Niveau einer
Zeitung mit vier großen Buchstaben.
Nun zur Ermordung von Bin Laden. Herr Lüke stellt den Rechtsstaat
anderen Verfassungsprinzipien gegenüber. Dabei vergisst er, dass Bin
Laden vermutlich schon seit Jahren nicht mehr aktiv Terroranschläge
geplant hat, dass somit die Gefahr für die Zivilbevölkerung durch
seinen Tod nicht abnimmt. Im Gegenteil unterschlägt Herr Lüke, dass
durch die Ikonisierung, das vermeintliche Märtyrertum von Bin Laden
und durch Racheakte die Gefahr für die Zivilbevölkerung sogar zunehmen
wird. Um es einmal so zu sagen: Von Bin Laden geht nun mehr Gefahr aus
als zuvor. Sozusagen spricht bei der Abwägung zwischen dem
Rechtsstaatsprinzip und dem Prinzip des Schutzes der Bevölkerung
beides gegen eine Ermordung von Bin Laden.
Die Schuld des Toten ist für Herrn Lüke zweifelsfrei festgestellt.
Sicher ist aus meiner Sicht, dass Bin Laden Terroranschläge verübt
hat. Nicht klar ist, welche genau, immerhin hat er die Beteiligung am
11. September 2001 bestritten und entsprechende Beweisvideos waren
zumindest nie ganz zweifelsfrei. Insofern ist es ein kurzer Prozess,
der Bin Laden gemacht worden ist, zumal das Weiße Haus nun
eingestanden hat, dass Bin Laden unbewaffnet war. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass Navy Seals es nicht schaffen würden, einen 53 Jahre
alten unbewaffneten Mann zu überwältigen, ohne ihn zu töten.
Sicherlich kann man nicht höflich anklopfen und einen Haftbefehl
zeigen, aber man hätte ihn gefangen nehmen und verurteilen können. Es
wäre der schwerere Weg gewesen. Aber auch der rechtsstaatlich
korrekte.

Dienstag, 15. März 2011

Männerverfolgung

Ausschnitt aus zwei Emails:

Hi Michel!

Am [...] abend hat B [Ms Frau] vielleicht eine Girly-Runde hier und ich
muss weg. Du wolltest doch letztens den zweiten Scheibenweltfilm
sehen. Vielleicht ja nicht nur Du? Wie wär's mit [...] abend?
Den Film brächte ich auch mit *zwinker*.

Liebe Grüße,
M


Sehr geehrter Herr M,

in Anbetracht der Tatsache, dass Sie in Ihrer Heimat mit seelischer
Grausamkeit, Folter und real gewordenen Alpträumen rechnen müssen,
bewillige ich Ihnen hiermit Asyl.

Bitte beachten Sie, dass die Aufenthaltsgenehmigung zeitlich
beschränkt und Gegenstand erneuter Überprüfung nach Ablauf Ihrer
Gültigkeitsdauer ist.

In diesem speziellen Fall dürfen Familienangehörige _nicht_ nachgeholt
werden. ;-)

Mit freundlichen Grüßen,

Michel Kangro
Sachbearbeiter Asylanträge
Bundesamt für Flüchtlinge, Asyl und Männerverfolgung, Friesdorf

Freitag, 25. Februar 2011

M. Tyrell besteigt den Eisernen Thron

Dies ist ein Spielbericht über eine Partie "Der Eiserne Thron" mit einigen Regeln der Erweiterung "Die Thronkriege". Achtung, er ist sehr lang geworden. Und vermutlich stellenweise nicht völlig akkurat, da er aus dem Kopf verfasst worden ist. Konkurrenten um den Thron waren Manuel Tyrell, Thorsten Baratheon, Ashwani Lannister und meine Wenigkeit, Michel Stark. (Wir haben gelost. Warum ich trotzdem fast nur Stark spiele, keine Ahnung.) Manuel und ich kennen das Basisspiel, die anderen beiden waren neu, keine hatte bisher mit der Erweiterung gespielt.

Verwendete Regeln:
- Alternative Hauskarten
- Auswahl von drei Hauskarten pro Schlacht, wobei dann eine zufällig bestimmt wird
- Aufdecken von drei Westeros-(Ereignis-)Karten im Voraus.
- Häfen

Die Eröffnung war reichlich untypisch, Baratheon schickte ein Schiff in die Narrow Sea und setzte einen Ritter auf den Twins ab, was Stark davon abhielt, mit voller Macht nach Seagard zu marschieren - normalerweise die naheliegenste Taktik.

Lannister marschierte zwar in den Searoad Marschen und in Blackwater auf, zog sich aber bald wieder zurück. Zu einem Konflikt zwischen Lannister und Tyrell sollte es lange nicht kommen. Zögerlich, aber doch in den nächsten paar Runden, besetzte Lannister die Ironmans Bay mit einem Schiffen und Pyke mit einem Infanteristen.

Stark rekrutierte eine Flotte im Eismeer, erbat sich von Tyrell erfolgreich die Räumung der Sunset Sea und griff daraufhin Lannisters Flotte im Golden Sound an, die sich geschlagen, aber nicht vernichtet, in die Ironmans Bay zurückziehen musste. Es folgten regelmäßige Überfälle der Starks aus dem Golden Sound in die Umgebung, um zu verhindern, dass die Flotte der Lannisters ihre Unterstützung beim Kampf um Seagard bereitstellen könnte.

Währenddessen verbreitete sich Haus Tyrell relativ ungestört unter häufigen Freundschaftsbekundungen an jedermann im Süden und bereitete die Erstürmung von Sunspear vor.

Haus Baratheon und Haus Stark verhandelten lange über den störenden Ritter auf den Twins und die dazugehörige Flotte in der Narrow Sea. Die Flotte zog ab, der Ritter blieb, entgegen der Absprachen. Eine Runde später gewährte Baratheon den Starks den Eisernen Thron - es war ein Gleichstand entstanden und der Throninhaber musste entscheiden - im Gegenzug gegen das Versprechen, dass Stark das Haus Baratheon im Falle eines Gleichstands bevorzugen möge.

Stark konnte das Versprechen nicht halte (bzw. hatte es leichtfertig gegeben), da bei beiden weiteren Bietrunden jeweils nur Stark und Baratheon gleich viel boten. Großmütig gab Baratheon zu, dass Stark in dem Fall ihm nicht den Vortritt lassen müsse - und nahm in der nächsten Runde mit einer starken Flotte zunächst die Narrow Sea und dann die Shivering Sea ein und landete eine mächtige Streitmacht in Karhold an. Außerdem eroberte der Ritter aus den Twins Moat Cailin, das die Starks im Vertrauen auf das Bündnis nur schwach verteidigt gelassen hatten.

Die Rückeroberung erfolgte mit aller Härte des Nordens, aber auch beim eiskalten Zorn der Starks haben diese nur eine begrenzte Anzahl Soldaten, und so war ab diesem Zeitpunkt Seagard nur noch von einem Ritter verteidigt - ein Umstand, den Stark bis zum Ende nicht mehr abstellen konnte. Moat Cailin wurde dauerhaft mit zwei Rittern befestigt, der Ritter mit dem goldenen Hirsch von Baratheon wieder in die Twins verjagt.

Etwas später verließ auch Baratheons Armee Karhold wieder Richtung Süden, da langsam klar würde, dass nicht der angeschlagene Wolf von Winterfell den Thron erobern wurde, sondern dass die Rose von Tyrell kurz vor der vollsten Blüte stand. Nur durch einen Fehler der Tyrells selbst gelang es, ihren Sieg noch einmal zu verhindern, doch das hatten die Lannisters genutzt und ihrerseits nun schon sechs Städte erobert.

Die östliche See war von Norden bis Süden fest in der Hand der Baratheons, bis die Wildlinge kamen und Baratheons Armeen fast gänzlich von der Karte fegten.

Die neunte Runde brach an und es war klar, dass das Spiel auf Messers Schneide stand. Baratheon war geschlagen, seine Burgen so gut wie ungeschützt. Zwar hielt ein trotziges Schiff die Shivering Sea, um den Wolf zu erzürnen, und die wenigen verbleibenden Truppen standen in der Dorne und in Oldtown, das Baratheon kurz zuvor überraschend eingenommen hatte, aber Dragonstone war unverteidigt und in all der Zeit war der rechtmäßige Erbe Roberts nie dazu gekommen, die Königsstadt Kings Landing zu erobern.

Stark war geschwächt von den Grabenkämpfen mit Lannister und den Überfällen von Baratheon und hielt zwar noch den gesamten Norden - außer Flints Finger, um die sich Lannister und Tyrell böse zerstritten haben, aber hatte kaum Möglichkeiten, auf den Süden einzuwirken, in dem die Krone wohl demnächst vergeben werden würde. Nur eine kleine Flotte im Eismeer konnte in den Kampf um Flints Finger eingreifen. Insbesondere war Seagard an Lannister verloren gegangen, als die unruhige See der Flotte der Lannisters erlaubte, den Landangriff zu unterstützen. (Es dürfte keine Plünderung gelegt werden, mit der die Unterstützung hätte verhindert werden können.)

Lannister hielt Riverrun, Seagard, Pyke und Lannisport und hatte auch Harrenhal und Crackclaw Point erobert. In Riverrun war eine riesige Armee versammelt und in der Ironmans Bay eine große Flotte - die Schiffe der Starks im Golden Sound, die diese Flotte in ihre Schranken gewiesen hatte, waren in den Tumulten rund um die Wildlinge verloren gegangen. Die Streitmacht in Crackclaw Point war allerdings zu schwach, um Kings Landing einzunehmen oder jemanden daran ernsthaft zu hindern. Flints Finger schien die siebte Burg zu sein, auf die der Löwe schielte.

Tyrell hatte zwar nur fünf Burgen - Highgarden, Flints Finger, Sunspear, Die Weite und Storms End, hatte aber ziemlich sicher die Möglichkeit, Kings Landing und Dragonstone einzunehmen und niemand hätte ihn daran hindern können.

Aus der Sicht von Haus Stark war der Norden das Zünglein an der Waage und Eddard würde alles dafür tun, dass der keiner der anderen König wird, oder aber wenn, dann so spät und knapp, wie möglich. Daher machte der Wolf knurrend klar, dass er Tyrell zum König machen würde, indem er die Verteidigung bei Flints Finger unterstützt, wenn Lannister dort zu früh angreifen würde. Dafür würde er danach auch den Angriff unterstützen. Zu früh deshalb, weil im Osten eine Flotte der Starks in die Narrow Sea gefahren war und er eine Streitmachte sammelte (1. Bewegung), um Crackclaw Point aus den Hände des Löwen zu winden. (2. Bewegung) Danach hätte der Löwe ruhig eine weitere Burg einnehmen dürfen, ohne zu gewinnen. Und sogar müssen, damit nicht doch die dornische Rose triumphiert.

Der Plan schien perfekt, Lannister war eingeschüchtert und wartete mit seinem Angriff. Aber Tyrell war geschickter und Baratheon schon schwächer, als alle gedacht hatten. Mit einem meisterhaften Angriffszug gelang Tyrell die Eroberung von Kings Landing (1. Bewegung) und Oldtown (2. Bewegung), noch bevor die Flotte der Starks Crackclaw Point erreichten und lange bevor die Flints angegriffen würden. Der Macht von sieben vereinigten Städten und Festungen konnten sich die Häuser nicht entziehen und erklärten Manuel Tyrell zum König der Sieben Königslande.

Montag, 17. Januar 2011

Bus(fahrer)ver(w)irrungen oder die blöden Busse Bonns

Entschuldigt die vielen Klammern im Titel.

Ich hatte es heute etwas eilig, nachmittags aus Friesdorf zum Kindergarten zu kommen. Die 612 hatte prompt 10 Minuten Verspätung, was immer den netten Effekt hat, dass aus einem durchschnittlich 10-minütigen Takt eine Busverbindung wird, bei der alle 20 Minuten zwei Busse kommen, einer voll, einer leer. Da könnte man meiner Meinung nach durchaus auch einfach einen der Busse weglassen, den Takt auch offiziell auf 20 Minuten stellen und das Geld sparen - oder an anderer Stelle eine nötige Buslinie aufstocken.

Der Rückweg war dann aber noch spaßiger:
Kurz vor der Abfahrtszeit laut Fahrplan sahen Hannah und ich den Bus schon an der letzten Ampel vor der Haltestelle stehen. Ich habe mir also Hannah geschnappt, natürlich mit Martin vorm Bauch und der Kindergartentasche auf der Schulter, und bin losgerannt. (Finden die Kinder meist spaßig, ich weniger.) Die Ampel war länger rot, so dass ich tatsächlich rechtzeitig an der Haltestelle ankam, Hannah absetzte und ... dem vorbeibrausenden Bus noch nachschauen dürfte. Wohlgemerkt, die Straße an der Stelle ist gerade, der Bus stand die ganze Zeit in Sicht an der roten Ampel keine 500 Meter die Straße hinunter und hatte gute Gelegenheit zu sehen, dass da jemand sein Kind hochgenommen hat und besagte keine 500 Meter gerannt ist und an der Haltestelle anhält.

Nachdem ich zu Hause war - der nächste Bus hat mich dann mitgenommen - und die Kinder versorgt waren, habe ich den Stadtwerken eine durchaus nette Mail geschrieben.

Hierzu passt vielleicht noch eine Geschichte, die ich neulich - zugegebenermaßen Hörensagen - von unseren Mietern gehört habe. Da ist ein Mädchen von zwölf Jahren von einer 14-jährigen mit Schlagring krankenhausreif geschlagen worden - schlimme Geschichte, aber auch andere Geschichte. Jedenfalls hat sich das Opfer mit blutüberströmtem Kopf in einen Bus 'gerettet' und hat dort den Busfahrer um Hilfe gebeten. Der Arsch - da entschuldige ich mich nicht für - hat das mit dem Kommentar, er müsse sich auf den Verkehr konzentrieren und könne jetzt nicht, verweigert.

Ich habe ja ein gewisses - eher wenig, aber naja - Verständnis dafür, dass unbeteiligte Passanten nicht von sich aus helfen. Aber wenn man als Busfahrer in der relativen Sicherheit des eigenen Busses von einem blutenden, zwölfjährigen Mädel um Hilfe gebeten wird, dann hat man verdammt noch mal nicht mehr Bus zu fahren, sondern zu helfen. Einmal die Polizei und/oder einen Krankenwagen rufen hätte es ja getan, mehr wäre nicht nötig, aber einfach nichts tun ist arschig und der Typ gehört für mich irgendwie bestraft. Grrr. So, jetzt bin ich etwas abreagiert auf die blöden Busse Bonns.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Koptische Christen

Gerade eben habe ich im Radio gehört, dass ein ägyptischer Polizist (wohl ohne im Dienst zu sein?) in einem Zug auf eine Gruppe koptischer Christen geschossen und dabei einen von ihnen getötet hat. In der Sylvesternacht gab es ja schon einen Anschlag auf eine Kirche, bei der mehr als 20 Christen getötet worden sind.
Der Aufschrei in der westlichen Welt ist in meinen Augen unverhältnismäßig laut. Die Christenverfolgung wird jetzt vehement angeklagt von - genau, von Christen. Natürlich ist das richtig. Christenverfolgung ist verdammt. (Nein, da fehlt kein Wort. ;-) ) Aber ebenso ist es Muslimenverfolgung, Buddhistenverfolgung, Türkenverfolgung oder sonst eine Verfolgung von Menschen auf Grund von Religion, Nationalität, Rasse oder sonst etwas.
Daher sollte die westliche Welt jetzt, wo Christen das Ziel von Anschlägen sind, meiner Meinung nach ihre Worte mit sehr viel Bedacht wählen oder zumindest viel mehr Verallgemeinern.