Donnerstag, 5. Mai 2011

Leserbrief zum Tod von Bin Laden

Ich nehme Bezug auf diesen Kommentar im General-Anzeiger Bonn.

Die Formulierung von Herrn Lüke, der Täter von Berlin komme "noch
nicht ein mal in Untersuchungshaft" lässt den Schluß zu, dass der
Prügler gar nicht bestraft werden wird. Es ist hier klarzustellen,
welchem Zweck eine Untersuchungshaft dient und welchem nicht. Eine
U-Haft dient nicht der Bestrafung der Täter. Sie hat nichts mit der
Schwere der Schuld zu tun, sondern dient der Verfahrenssicherung, mit
der Ausnahme, dass eine Wiederholungsgefahr ebenfalls ein Grund sein
kann. Im vorliegenden Fall sind die Richter zu dem Schluß gekommen,
dass der Angeklagt wohl nicht fliehen wird. Zudem sind die Beweise
gegen ihn schon eindeutig genug, so dass eine Verdunklungsgefahr
(Vernichtung von Beweismitteln, Beeinflussung von Zeugen) auch nicht
vorliegt. Bleibt die Wiederholungsgefahr: Diese dient normalerweise
Serienstraftätern oder Sexualstraftätern. Es ist nicht zu erwarten,
dass der Angeklagte bis zum Prozess wieder jemanden zusammenschlägt.
Niedrige Beweggründe haben mit Untersuchungshaft übrigens nichts zu
tun. Dies zu unterstellen bringt den Kommentator auf das Niveau einer
Zeitung mit vier großen Buchstaben.
Nun zur Ermordung von Bin Laden. Herr Lüke stellt den Rechtsstaat
anderen Verfassungsprinzipien gegenüber. Dabei vergisst er, dass Bin
Laden vermutlich schon seit Jahren nicht mehr aktiv Terroranschläge
geplant hat, dass somit die Gefahr für die Zivilbevölkerung durch
seinen Tod nicht abnimmt. Im Gegenteil unterschlägt Herr Lüke, dass
durch die Ikonisierung, das vermeintliche Märtyrertum von Bin Laden
und durch Racheakte die Gefahr für die Zivilbevölkerung sogar zunehmen
wird. Um es einmal so zu sagen: Von Bin Laden geht nun mehr Gefahr aus
als zuvor. Sozusagen spricht bei der Abwägung zwischen dem
Rechtsstaatsprinzip und dem Prinzip des Schutzes der Bevölkerung
beides gegen eine Ermordung von Bin Laden.
Die Schuld des Toten ist für Herrn Lüke zweifelsfrei festgestellt.
Sicher ist aus meiner Sicht, dass Bin Laden Terroranschläge verübt
hat. Nicht klar ist, welche genau, immerhin hat er die Beteiligung am
11. September 2001 bestritten und entsprechende Beweisvideos waren
zumindest nie ganz zweifelsfrei. Insofern ist es ein kurzer Prozess,
der Bin Laden gemacht worden ist, zumal das Weiße Haus nun
eingestanden hat, dass Bin Laden unbewaffnet war. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass Navy Seals es nicht schaffen würden, einen 53 Jahre
alten unbewaffneten Mann zu überwältigen, ohne ihn zu töten.
Sicherlich kann man nicht höflich anklopfen und einen Haftbefehl
zeigen, aber man hätte ihn gefangen nehmen und verurteilen können. Es
wäre der schwerere Weg gewesen. Aber auch der rechtsstaatlich
korrekte.