Mittwoch, 29. Juni 2011

Kultur und die öffentliche Förderung

Vor kurzem hatte ich mit Hollarius und einigen anderen auf einer Feier eine längere Diskussion über die Finanzierung von Kultur durch die öffentliche Hand. Ich will hierzu einige Gedanken aufschreiben, anlässlich einer Artikelserie im General-Verschweiger Bonn.

Vielleicht zunächst mein Standpunkt: Ich halte die Kultur in Deutschland weitgehend für zu subventioniert. Ich finde, Kultur um der Kultur willen unnötig oder doch zumindest unnötig genug, dass an dieser Stelle als erstes gespart werden sollte. Heute bringt der GA dann also den dritten Teil der umfangreichen Serie und im Rahmen dessen ein "GA-Gemeinwohl-Ranking", in dem die Zeitung den Zuschuß pro Jahr mit der Anzahl der Nutzungen und dem Kostendeckungsgrad verrechnet und so auf die künstliche und teilweise Bewertung "Gemeinwohlpunkte" kommt. (Kurz: Hohe Kostendeckung und häufige Nutzung bringen viele Punkte, hohe Zuschüße wenige.)

Auf der Liste sind fünf der größeren, freiwilligen Ausgabenbereiche der Stadt Bonn (und ein gesetzlich verpflichtendes). Ergebnis: ÖPNV hat mit über 80 Millionen Nutzungen (Fahrten) bei 34,5 Millionen € Förderung den ersten Platz. Es folgen KiTas (Zwangsleistung), Sportanlagen und dann Beethoven, Oper und Schauspiel und das Kunstmuseum. Für mich zeigt sich vor allem bei den letzten drei Punkten, dass an dieser Stelle Millionen gespart werden können:
Das Beethoven-Orchester bekommt rund 8 Millionen € pro Jahr und hat etwa 50.000 Zuhörer im selben Zeitraum. Da wird also 50.000 mal eine Eintrittskarte mit 160€ subventioniert. Für mich gehört das Geld auf die Größenordnung 100.000€ zusammengestrichen.
Oper und Schauspiel werden mit 31,5 Millionen € unterstützt, bei ca. 190.000 Zuschauern. Eine Förderung von etwa 165 € pro Besuch. Bei Kartenpreisen, die sich eben zum größten Teil wohlhabendere Teile der Bevölkerung leisten können, ist eine Subventionierung einer Karte mit 165 € meiner Ansicht nach ein Skandal, wenn gleichzeitig der Stadt der Nothaushalt droht.

Hier einige Argumente von Hollarius:
- Einsparungen sind nicht sofort in beliebigem Umfang durchführbar, da manche der Kosten eben aus Arbeitsverhältnissen oder nicht beliebig schnell verkaufbarer "Hardware" bestehen.
- Die Förderung der lokalen Kultur hat einen wirtschaftlichen Nebeneffekt, weil beispielsweise der Fremdenverkehr von einer reichhaltigen Kultur profitiert.
- Kultur braucht eine gewisse Unabhängigkeit von Zuschauerzahlen, um sich weiterentwickeln zu können.

Dazu erwidere ich:
- Dann sollte man besser heute als morgen damit anfangen, zu sparen und diese Kostenfaktoren abbauen, denn wenn die Stadt in den Nothaushalt rutscht, muss sie sparen und hat keine Wahl mehr.
- Ich habe starke Zweifel daran, dass der Opernbesuch durchschnittlich(!) 160€ an anderer Stelle wieder in die Stadtkasse spült. Selbst wenn die Hälfte der Besucher nur wegen der Oper in Bonn wäre und keines der anderen subventionierten Angebote nutzen würde, würde ja vermutlich wenig mehr als die subventionierten 160€ überhaupt in Hotels und Geschäften der Stadt bleiben und nur ein (kleiner) Teil davon geht an den Staat, geschweige denn an die Stadt.
- Das Argument gilt aber nur, wenn sich schnell fortentwickelnde Kultur als Selbstzweck wichtig zu erhalten wäre. Es spricht aber meines Erachtens nichts dagegen, die Kulturentwicklung langsam voranschreiten zu lassen.

Wir werden bei dem Thema wohl nicht einig. Ich würde mich aber freuen, wenn die Stadt Bonn den Mut zeigen würde, ihre (nicht nur) kulturelle Infrastruktur auf das Niveau einer Stadt ihrer Größe herunterzuschrauben. Auch, wenn ich dann für Oper, Museum oder Orchester einiges mehr bezahlen oder nach Köln ausweichen müsste.

Montag, 27. Juni 2011

Warum ÖPNV nicht funktioniert - Beispiel

Als bekennender Grüner mit grüner Einstellung und leider oft nicht ganz so grünem Fußabdruck. Aber man bemüht sich. So auch am vergangenen Sonntag, an dem ein Besuch bei und mit guten Freunden in Dinslaken anstand. Ein paar Kumpels aus Leverkusen wollten auch noch mit.

Schnell die Bahnverbindung gecheckt: Sehr gut, es gibt eine Direktverbindung von Bonn nach Dinslaken. Wie sieht's mit der Rückfahrt aus? Oh - dumm, abends nach 22 Uhr fährt da kaum noch was, geschweige denn durch. Also der erste Kompromiss: Ich fahre mit der Bahn nach Leverkusen, dort steige ich ins Auto und wir fahren zu dritt im Auto bis Dinslaken.

Die Hinfahrt klappt wunderbar. Die Rückfahrt nicht.

Wir fahren zwar rechtzeitig los, ich verpasse trotzdem meine S-Bahn in Leverkusen um drei Minuten. Ärgerlich, aber kein Beinbruch, dank der Zwischenaufenthalte und der guten Verbindung zwischen Köln und Bonn verschiebt sich die geplante Ankunftszeit in Bonn noch nicht einmal. Also nach einer halben Stunde kommt die nächste S-Bahn, in Köln wie geplant eine halbe Stunde Aufenthalt und dann mit der Mittelrheinbahn nach Bonn. Die MRB ist gut voll, aber ich habe einen Sitzplatz, zusammen mit meinem mit Büchern beladenen Wanderrucksack.

Der Zug hat nur wenig Verspätung, höchstens zwei Minuten, als er gegen halb 1 in Bonn ankommt. Hier steigen wie erwartet ein Großteil der Reisenden aus, es ist ziemlich voll. Ich bin dummerweise am falschen Ende des Bahnhofs, lasse auch viele vor, bin mit dem schweren Rucksack sowieso nicht sonderlich schnell. Genau weiß ich dummerweise auch nicht, wo meine N3 abfährt. Immerhin weiß ich, dass ich die N3 nehmen muss.

Da ist sie ja. Moment, da fährt sie ja. SUPER! Das bedeutet für mich ein etwa einstündiger Fußmarsch mit schwerem Rucksack durch Bonn. Danke, Stadtwerke!

Ich habe die Stunde genutzt und darüber nachgedacht, wer hier an was Schuld ist. Zuallererst suche ich die Verantwortung mal bei mir. Viel finde ich aber nicht:
Sicher, ich hätte im voraus schauen können, an welchem Bussteig mein Nachtbus abfährt. Klar, ich hätte drängeln und mit dem Rucksack rennen können, um den Bus zu kriegen. Aber ernsthaft, als halbwegs gesunder und fitter Mensch rennen zu müssen, um einen Bus zu erwischen, finde ich schon falsch. Da liegt woanders zumindest auch ein Fehler.

Die üblichen Verdächtigen also, die Deutsche Bahn? Nein, denn es war nichtmals deren Zug, der Verspätung hatte, sondern eine Mittelrheinbahn. Aber auch der mag ich eine Verspätung von unter fünf Minuten nicht vorwerfen. Sowas kann schon mal passieren, zumal der Zug proppevoll war und die einzelnen Halte dementsprechend alle ein wenig länger waren.

Bleiben die Stadtwerke als Nachtbusbetreiber. Über die habe ich ja neulich schon geschrieben. Und hier finde ich auch am ehesten Grund, weiterhin einen Mangel zu beklagen: Es ist ja toll, dass die Nachtbusse halbwegs mit den ankommenden Zügen synchronisiert sind, aber kann man nicht humane Umsteigezeiten einplanen? Fünf Minuten später täte keinem Reisenden sonderlich weh, aber mancher spart sich dadurch Gedrängel und Gerenne, womöglich mit Gepäck. Oder halt einen einstündigen Fußmarsch mit Gepäck durch die Stadt.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Freundliche Kette bei den Stadtwerken

Wenn Ihr bei Behörden denkt, ihr werdet von einem Sachbearbeiter an den anderen verwiesen und von Abteilung A nach B ohne auf kurzem Wege Euer Anliegen vortragen zu können, dann versucht mal bei den Stadtwerken einen technischen Mangel anzuzeigen und zu beheben.

Das Problem: In unserem Haus befinden sich im Keller zwei Hausanschlußkästen für Strom. Beide sind mit jeweils einem dicken, schwarzen Kabel mit der Wand und somit mutmaßlich mit dem Stromnetz verbunden. Der eine, der graue, besitzt zudem zwei dicke, graue Käbel, über die er oben herum mit unseren Stromzählern verbunden ist. Der andere, der schwarze, hat dafür noch die beruhigende Eigenschaft, dass er nur an dem erwähnten Kabel hängt, also nicht mit der Wand verschraubt ist, und dass er eine gummiartige Flüssigkeit nach unten hin verloren hat.

Das Ziel: Die Stadtwerke als mein Grundenergieversorger (den Strom beziehe ich von Lichtblick), als solcher ja zuständig für alle Leitungen bis zu den Stromzählern und damit auch für besagte Kästen, sollen den offensichtlich außer Betrieb befindlichen alten Kasten entfernen.

Der Weg: Zunächst einmal habe ich auf der Homepage der Stadtwerke die allgemeine Servicenummer herausgesucht. Dort sprach ich mit einem freundlichen Mitarbeiter, der nur kurz versuchte, die Zuständigkeit der Stadtwerke abzustreiten. Aber wirklich nur kurz, ein Hinweis meinerseits auf die Lage der Käste (zwischen den Zählern und der Wand) bremste ihn aus. Nach einer kurzen Schilderung der Situation (#1)nannte er mir die Nummer der Zentrale der Stadtwerke und verwies mich darauf, nach einem gewissen Herrn N. zu fragen.

Die Dame in der Zentrale (die einzige Dame in der Kette, ist das beispielhaft für die Missstände in der Geschlechterfrage in Deutschland?) hatte gleich zwei N.'s anzubieten, konnte aber schon nach der Erwähnung des schönen Wortes "Hausanschlußkasten" den richtigen herausfinden und verband mich weiter. Herrn N. schilderte ich den Fall kurz (#2), woraufhin dieser mich an seinen Kollegen verwies.

Dem Kollegen schilderte ich den Fall (#3), er erwies sich aber leider als nicht zuständig oder nicht kompetent oder sonstwie nicht lösungsbefähigt, er nannte mir Herrn S. als richtigen Ansprechpartner. Dabei versicherte er mir, Herr S. könne mir auf jeden Fall helfen. Ich glaubt ihm. (Ich bin naiv.) Leider konnte er mich nicht mit Herrn S. verbinden, da Herr S. eine Weiterleitung seiner Durchwahl aufs Handy eingerichtet habe, was die Telefonanlage der Stadtwerke wohl durcheinanderbringe. Er bat um mein Verständnis ("Kein Problem, gerne!"), nannte mir die Nummer und bedankte sich für mein Verständnis ("Ja, danke, macht nichts.")

Herr S. wirkte wie ein waschechter Rheinländer, freundlich und offen hörte er sich die Schilderung (#4) an. Natürlich musste er mich erst an einen Kollegen weiterleiten. Der sei dann auch für die Termine mit den Technikern zuständig und könne mir direkt weiterhelfen. Ich glaubte ihm nicht mehr ganz so sehr, hatte doch der Ansprechpartner zuvor ähnliches behauptet. Aber was will man machen?

Ich schilderte also ein weiteres Mal die Situation (#5). Der Mitarbeiter stellt die Vermutung auf, bei dem Übergang vom RWE zu den Stadtwerken sei da wohl was vergessen worden. Ich teilte diese Vermutung. Er bedauerte, mich noch einmal weiterleiten zu müssen. Ich auch.

Der letzte Mitarbeiter war der erste, bei dem ich kurz in der Warteschleife Musik hören dürfte. Die war auch richtig informativ, war doch plötzlich vom RWE die Rede. Ich befürchtete kurz, dass ich jetzt den Streit zwischen der RWE und den Stadtwerken über Zuständigkeiten ausfechten dürfte, würde aber von einem freundlichen Mitarbeiter beruhigt. Der hörte sich meine Situation an (#6). Leider sah er ein gewisses Problem: Er sei als Mitarbeiter von RWE nur für Störungen zuständig. Störungen behebt nämlich RWE als Dienstleister gegenüber den Stadtwerken. Meine Situation sei ja im engeren Sinne keine Störung. (Vielleicht hätte ich einen Stromausfall simulieren sollen...) Aber man könne ja, so der Mitarbeiter, vielleicht die schräge Lage des Kastens betonen. ("Ja, der hängt richtig schräg!", sagte ich.) Der drohe runterzufallen, so aus Laiensicht, schlug der RWE-Mitarbeiter vor. ("Könnte schon sein," meinte ich, "auch wenn der da vermutlich schon ein Weilchen so hänge, ich kann das ja nicht beurteilen.") Er erfragte dann meine Adresse und versprach, sich dazu zu kümmern.

Wenige Minuten später klingelte dann das Telefon, ein Mitarbeiter der Stadtwerke, fragte wegen der Hausnummer nach, da wäre plötzlich von YfünfundXzig die Rede, ich korrigierte das rasch auf YXzig.

Meine sechsmalige Schilderung der Lage hat sich im Laufe der Zeit verkürzt, hat an Informationsdichte und Relevanz gewonnen. Unwichtige Details habe ich weggelassen, dafür aber Rückfragen vorhergesehen und die Antworten bereits eingebaut.

Übrigens waren alle Mitarbeiter ausnahmslos freundlich, wirkten hilfsbereit und kompetent. Vielleicht fehlte ein wenig Zuständigkeitsgefühl, aber ansonsten ein gutes Team. Ich kann nicht sagen, dass ich mich schlecht aufgehoben gefühlt habe. Schauen wir mal, ob ich jetzt bald auch mal einen Mitarbeiter der Stadtwerke persönlich kennenlerne, wenn mein Problem gelöst wird.

So, und jetzt habe ich noch ein vergleichbares Problem mit der Deutschen Telekom. Oh Gott!

Nachtrag 14:20Uhr: Eben war nach kurzer telefonischer Ankündigung eine "Kolonne" (O-Ton bei der Ankündigung) der Stadtwerke da und hat kurzen Prozess mit den Problem gemacht. Nachdem der Institution Stadtwerke das Problem also bekannt gemacht worden ist, wurde es auch schnell gelöst. Super!