Dienstag, 26. Mai 2009

Das BKA lügt (weiter)

Hier nur mal die erste Seite aus der Stellungnahme des BKA (pdf) im Rahmen der geplanten Anhörung im Bundestag zur Änderung am Telemediengesetz, Satz für Satz auseinandergenommen:

"Das Internet als Tatmittel spielt bei der Verbreitung von Kinderpornografie die zentrale Rolle weltweit. Nach den Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes bilden derzeit einerseits (nichtkommerzielle) Tauschbörsen und andererseits kommerzielle kinderpornografische Webseiten quantitative Schwerpunkte bei der Verbreitung von Kinderpornografie."
Viele Anzeichen sprechen dafür, dass Webseiten bei der Verbreitung von Kinderpornografie nur eine kleine (und keine kommerzielle) Rolle spielen. Tauschbörsen wiederum können von den geplanten Filtermaßnahmen nicht erfasst werden. (Quelle, Quelle)

"Mit kommerziellen Webseiten werden Millionengewinne erzielt. Die Kosten für einen Zugang belaufen sich auf etwa 80 - 100 US-Dollar monatlich. 100.000 Zugriffe auf inkriminierte Dateien binnen Tagesfrist konnten bereits im Einzelfall festgestellt werden, was ein Hinweis auf potenzielle Gewinnmöglichkeiten ist."
Dies ist eine an den Haaren herbeigezogene 'Hochrechnung'. Zunächst sind die Zahlen irreführend: Wie viele der 'Zugriffe' sind durch Suchmaschinen generiert? Wie viele durch automatisierte Verfahren in Browsern (Link Prefetching etc.) entstanden? Zudem hat die Zahl der Zugriffe nur begrenzte Aussagekraft, viel entscheidender wäre die Zahl der unique visitors. (Quelle, Quelle)

"Gerade die Verbreitung von Kinderpornografie über kommerzielle kinderpornografische Webseiten gibt seit mehreren Jahren zunehmend Anlass zur Sorge: Kunden dieser Seiten wird der Zugriff auf tausende Darstellungen des teils schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gewährt und es gibt Anhaltspunkte dafür, dass Kinder zum Teil gezielt für die Erstellung des vermarkteten Bild- und Videomaterials missbraucht werden."
Im Gegenteil: Der mit Abstand größte Teil der Missbrauchsfälle findet im privaten Umfeld statt. Anzeichen für eine 'Produktion' kinderpornografischen Materials aus kommerziellem Interesse, wie z.B. wiederkehrende Darsteller, Opfer und Kulissen, professionellere Videoqualität finden sich nicht. (Quelle, Quelle)

"Kinderpornografie ist die Dokumentation von Kindesmissbrauch, also schwerer „realer“ Straftaten gegen Kinder. Der sexuelle Missbrauch ist die schwerste Form der Kindesmisshandlung durch das Erleiden physischer und psychischer Gewalt mit in der Regel lebenslang bleibenden Schädigungen. Durch die Dokumentation und Veröffentlichung der Taten im Internet werden die Opfer zusätzlich traumatisiert und dauerhaft in der Öffentlichkeit stigmatisiert."
Wow, das ist wahr. Immerhin hier hat das BKA recht. Nur eines verschweigen sie: Die Missbrauchsopfer, zumindest einige, fühlen sich erneut ausgenutzt angesichts einer Kampagne, die sie für die Erfüllung solch unwirksamer und falscher Maßnahmen heranzieht. (Quelle)

"Das Entfernen von einmal über das Internet verbreiteter kinderpornografischer Bild und Videodateien ist nicht möglich."
Hm, wie meinen die das denn? Einerseits stimmt das natürlich. Andererseits stehen so gut wie alle(!) Server mit kinderpornografischem Material in Ländern, in denen die Strafverfolgung möglich ist und damit auch die Abschaltung der Server. Aus dem WWW kann man das Mistzeug also sehr wohl entfernen, aus Tauschbörsen zugegebenermaßen nicht. Aber wie war das? Ach ja, die geplanten Maßnahmen treffen nur das WWW. (Quelle)

"Die massenweise Verbreitung im Internet generiert zudem die Nachfrage nach neuem Foto- und Videomaterial und fördert so zumindest mittelbar die Begehung weiterer Missbrauchstaten."
Da habe ich ja nur so drauf gewartet. Die 'Anfixthese'. Oh - mein - Gott. Ich kann es mir so richtig vorstellen: Die dreifache Mutter surft auf der Suche nach einem tollen Kochrezept für ihren erwachsenen Sohn, der sie mit ihrem Enkel heute besuchen will im Internet. Nichts ahnend klickt sie auf einen harmlos ausschauenden Link und sieht plötzlich ein Bild von der Vergewaltigung eines Kindes. Sie ist schockiert, aber auch ein wenig erregt, und als der Enkel kommt....lassen wir das.

Muss ich hier wirklich noch eine Quelle angeben? Die 'Anfix-These' ist absurd! An der Stelle höre ich auf, die BKA-Stellungnahme weiter durchzugehen.

Zur Erinnerung: Diese Behörde wird dafür zuständig sein, die Sperrlisten zu erstellen, zu verwalten und zu pflegen. Diese Behörde wird auch dafür zuständig sein, Beschwerden über die Liste entgegenzunehmen. Kein Richter, Journalist, Bundestagsbeauftragter oder Bürger darf die Arbeit dieser Behörde kontrollieren. Ah, doch, eine Ausnahme: Der Rechtsweg bleibt unbenommen.

Oh, und bevor jemand sagt: Aber das BKA ist doch die Polizei, dein Freund und Helfer, die lügen doch bestimmt nicht. Doch, die lügen!

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